Frankreich: Macron hofft mit neuer Regierung auf neuen Schwung

Emmanuel Macron - Bild: Michailidis / Shutterstock.com

Mit einer neuen Regierung nimmt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Kurs auf die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren: Die 16 Ministerinnen und Minister kamen am Dienstag zu einer ersten Kabinettssitzung mit dem Staatschef und dem neuen Premierminister Jean Castex zusammen. Nach Einschätzung französischer Oppositionspolitiker und Medien will sich der Staatschef nach der Schlappe seiner Partei bei den Kommunalwahlen dem rechten Lager annähern.

„Macron sucht seinen Weg nach Rechts“, titelte die konservative Zeitung „Le Figaro“. Die kommunistische „L’Humanité“ sieht Macron in einer „späten Nachfolge“ des konservativen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy. Auch Linksparteichef Jean-Luc Mélenchon urteilte, Macron habe sich mit der Regierungsumbildung zum neuen „Chef der Rechten“ ausgerufen. Die konservative Partei Die Republikaner bestritt dies und warf Macron überhöhte Steuern und eine massive Staatsverschuldung vor.

Dem neuen Kabinett gehören jeweils acht Frauen und Männer an. Macron hatte sie am Montagabend nach Sondierungen mit dem neuen Premier Castex berufen, der früher als Berater für Ex-Präsident Sarkozy tätig war. Auch andere Kabinettsmitglieder gelten als Vertraute Sarkozys, darunter der neue Innenminister Gérald Darmanin und Kulturministerin Roselyne Bachelot.

Kritik gab es an der Ernennung Darmanins zum neuen Innenminister. Die Justiz ermittelt gegen den 37-Jährigen, da ihm eine frühere Prostituierte Vergewaltigung vorwirft. Vor der Amtsübergabe protestierten rund 20 Frauenrechtlerinnen vor dem Innenministerium, wie eine AFP-Reporterin berichtete.

Aus dem Umfeld Macrons hieß es, die Ermittlungen seien „kein Hindernis“, da Darmanin nicht offiziell von der Justiz beschuldigt sei. Der Minister selbst bestreitet die Vorwürfe, die sich auf einen Vorfall im Jahr 2009 beziehen. Der politische Ziehsohn Sarkozys löst den bisherigen Innenminister Christophe Castaner ab, der in der „Gelbwesten“-Krise unter Druck geraten war. Darmanin sicherte der Polizei seine „volle Unterstützung“ zu.

Als Konsequenz aus der Schlappe bei den Kommunalwahlen vor gut einer Woche wechselte Macron noch weitere Minister aus: Der neue Justizminister Eric Dupond-Moretti versprach, seine Arbeit dem „Antirassismus und den Menschenrechten“ zu widmen. Die neue Umweltministerin Barbara Pompili soll nach dem Wahltriumph der Grünen Macrons Klimapolitik sichtbarer machen.

In Schlüsselbereichen wie der Außen- und Wirtschaftspolitik hält Macron dagegen an Altbewährtem fest: Der gemäßigte Konservative Bruno Le Maire bleibt Superminister für Wirtschaft und Finanzen und ist nun auch für den Haushalt zuständig. Er soll Macron helfen, den erwarteten Wirtschaftseinbruch von mehr als elf Prozent in der Corona-Krise zu bekämpfen.

Außenminister bleibt der 73-jährige Jean-Yves Le Drian, für Verteidigung ist auch weiterhin Florence Parly zuständig. Beide stammen aus dem Lager der Sozialisten. Für die Coronavirus-Pandemie bleibt Gesundheitsminister Olivier Véran aus Macrons eigenem Lager zuständig.

Der Staatschef hatte bereits bei seiner Wahl 2017 eine Politik jenseits der traditionellen Blöcke versprochen. Er will seinen künftigen Kurs am 14. Juli anlässlich des Nationalfeiertags erläutern. Nach letzten Umfragen billigen nicht einmal vier von zehn Franzosen Macrons Reformpolitik. 

Vor der Corona-Krise mit rund 30.000 Todesfällen in Frankreich hatte es Massenproteste gegen seine Rentenreform gegeben. In den vergangenen Wochen gingen tausende Mitarbeiter der öffentlichen Krankenhäuser für mehr Geld auf die Straße.

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