Langzeitpräsident Lukaschenko klammert sich weiter an die Macht

Lukaschenko (rechts), Kurz (links) - Bild: Dragan Tatic / CC BY 2.0
Lukaschenko (rechts), Kurz (links) - Bild: Dragan Tatic / CC BY 2.0

Es ist ein vertrautes Bild: Mit Wahlergebnissen um die 80 Prozent steht der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko als offizieller Sieger der Präsidentschaftswahl da, während die Opposition und Kritiker im Ausland massive Betrugsvorwürfe erheben. Und doch ist in diesem Jahr vieles anders. Mit ihrer überraschenden Kandidatur stellte die Oppositionsvertreterin Swetlana Tichanowskaja den autokratischen Langzeitherrscher vor unerwartete Herausforderungen.

Schon seit 1994 hält Lukaschenko unnachgiebig an seiner Macht fest. Am Sonntag wurde er 65-Jährige den offiziellen Zahlen zufolge mit mehr als 80 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit wiedergewählt. In den Wochen vor der Wahl gingen die Behörden hart gegen die Opposition vor, ließen hunderte Demonstranten und politische Rivalen festnehmen, unter ihnen auch Tichanowskajas Mann, den bekannten Blogger Sergej Tichanowski. Seine Frau trat an seiner Stelle zur Wahl an und wurde zur Hoffnungsträgerin der Opposition, die den von seinen Gegnern als „Kakerlake“ geschmähten Staatschef aus dem Amt jagen will.

Für seine Konkurrentin hatte der Vater dreier Söhne nur Spott übrig. Eine Frau sei nicht in der Lage, das höchste Staatsamt zu übernehmen, sagte Lukaschenko in einer Wahlkampfrede. „Und unsere Gesellschaft ist nicht bereit, für eine Frau zu stimmen.“

Nach seinem angeblichen Wahlsieg machte Lukaschenko deutlich, dass er zu keinerlei Zugeständnissen bereit ist. „Wir werden nicht zulassen, dass sie das Land auseinanderreißen“, sagte er mit Blick auf die Proteste, auf die er mit gewohnter Härte reagierte. Die Sicherheitskräfte lösten die Kundgebungen mit brutaler Gewalt auf und nahmen tausende Demonstranten fest. Schon vor der Wahl hatte Lukaschenko deutlich gemacht, dass er sein „geliebtes“ Belarus nicht aufgeben werde.

Aufgewachsen ist der Mann mit dem markanten Schnauzer in dem Dorf Rischkatidschi etwa 200 Kilometer östlich von Minsk. Hier lebte er zunächst in ärmlichen Verhältnissen, stieg dann aber in die kommunistische Landwirtschafts-Elite auf. 1987 wurde er Direktor einer Kolchose, 1990 wurde er ins Parlament gewählt. 

Seine politische Karriere gewann 1993 an Fahrt, als er Vorsitzender des parlamentarischen Anti-Korruptionsausschusses wurde. Diesen Posten nutzte er 1994, um sich bei der ersten Präsidentschaftswahl im damaligen Weißrussland ins höchste Staatsamt wählen zu lassen. Seither zog er unaufhörlich Macht an sich und gab sie nicht mehr aus den Händen. 1996 peitschte er ein umstrittenes Verfassungsreferendum durch, das ihm fast diktatorische Befugnisse zubilligte und das Parlament beträchtlich schwächte. 

Lukaschenko, der sich gerne im Bauern-Gewand oder bei einer Hockey-Partie im Fernsehen volksnah präsentiert, wird von seinen Gegnern als „Diktator“ bezeichnet. In seiner Heimat genoss der im Volksmund „Batka“ („Väterchen“) genannte Präsident aber lange das Ansehen vieler Belarussen. 

Angesichts des wirtschaftlichen Abschwungs und aufgrund von Korruptionsvorwürfen verstärkte sich bei vielen Menschen aber der Wunsch nach einem Wandel im Land. Die Opposition gewann an Zulauf, in den Online-Netzwerken und auf der Straße machten tausende Menschen ihrem Ärger über Lukaschenko Luft. „Eine ganz neue Generation ist erwachsen geworden und die Älteren sind aufgewacht“, sagte kürzlich die belarussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. 

Auch das Verhältnis Lukaschenkos zum engsten Verbündeten Russland schien zuletzt angeknackst. Nach der Festnahme von 33 angeblichen Söldnern der berüchtigten russischen Gruppe Wagner sprach Lukaschenko Ende Juli von „Massaker“-Plänen in der Hauptstadt Minsk. Zu einem offenen Bruch kam es allerdings nicht. Kreml-Chef Wladimir Putin zählte nach der offiziellen Bekanntgabe von Lukaschenkos Wahlsieg zu den ersten Gratulanten.

Zwar scheint Lukaschenko seine Macht vorerst verteidigt zu haben, seine Konkurrentin Tichanowskaja floh nach Litauen. Klein beigeben will sie aber nicht: Sie forderte am Montag den Rückzug des Präsidenten und erklärte sich selbst zur Siegerin der Wahl.

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