Kurz vor dem Führungswechsel bei der CDU hat Generalsekretär Paul Ziemiak mit scharfer Kritik am Koalitionspartner SPD einen Vorgeschmack auf den Bundestagswahlkampf gegeben. Die CDU wolle im Wahlkampf um enttäuschte SPD-Stammwähler werben und biete der Industriearbeiterschaft „eine politische Heimat“, sagte Ziemiak in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Die SPD sei „so weit links, dass sie nicht mehr in der Mitte stattfindet“. Den Grünen warf Ziemiak vor, „Steigbügelhalter“ einer Links-Regierung sein zu wollen.
„Die SPD hat sich doch längst von ihrer Klientel, den Beschäftigten in der Industrie, verabschiedet“, sagte der CDU-Politiker weiter. „Dabei sind es die hart arbeitenden Menschen im Ruhrgebiet und andernorts, die unser Land zu einer der bedeutendsten Industrienationen der Welt gemacht haben.“ Die CDU verstehe sich als „die einzige Partei, die noch die Interessen der Beschäftigten in der Industrie vertritt“.
Den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz stellte Ziemiak als Politiker dar, der sich nicht gegen den Linkskurs von Parteichefin Saskia Esken durchsetzen kann. „Ich kann die Nöte von Olaf Scholz ein Stück weit nachvollziehen: Unter der Fuchtel von Frau Esken hat er kaum Bewegungsfreiheit“, sagte Ziemiak zu AFP. „Frau Esken treibt die SPD immer weiter nach links, hin zu ihrem Wunschbündnis mit Linken und Grünen. Das ist gefährlich für dieses Land.“
Besonders verärgert zeigte sich Ziemiak über die jüngste Kritik von SPD-Politikern an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU); Sozialdemokraten hatten Spahn Versäumnisse bei der Beschaffung von Corona-Impfstoff vorgeworfen.
Ziemiak verwies darauf, dass SPD-Kanzlerkandidat Scholz als Vizekanzler an allen Entscheidungen beteiligt gewesen sei. „Ich habe mich gefragt, was Olaf Scholz eigentlich im Corona-Kabinett gemacht hat, dem er ja bekanntlich angehört“, sagte Ziemiak. „Hat er da Zeitung gelesen, Brötchen gegessen oder Wahlkampfplakate gemalt? Zumindest scheint er nicht zugehört zu haben.“ Scholz sei ja an allen Entscheidungen nicht nur beteiligt gewesen, „er hat auch dafür gestimmt“.
Er mache sich „große Sorgen um die SPD, weil der Partei Wahlkampf offenbar wichtiger ist als die Bewältigung der schwersten Krise seit Ende des Zweiten Weltkrieges“, sagte der CDU-Generalsekretär. „Die SPD muss sich ihrer Regierungsverantwortung bewusst werden.“
Ziemiak hält es nach eigenen Angaben für denkbar, dass Deutschland ein Lagerwahlkampf bevorsteht. „Den Lagerwahlkampf beschwören die Grünen herauf, weil sie ganz bewusst nicht ausschließen, mit den Linken zu regieren“, kritisierte er. Deswegen werde es bei der Bundestagswahl um die Frage gehen: „Bleibt Deutschland mit der Union in der Mitte oder wird unser Land von einem Linksbündnis regiert und Politik von den Rändern gestaltet?“
Als Hauptgegner im Wahlkampf betrachte die CDU aber die Grünen. „Wir werden mit den Grünen eine harte inhaltliche Auseinandersetzung führen“, sagte Ziemiak. Der „bürgerliche Zuckerguss“ der Grünen könne „nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Grünen Steigbügelhalter sein wollen für ein Linksbündnis mit SPD und Linken“. Dies wäre „für die Zukunft unseres Landes ein verheerendes Szenario.“