Kurz vor dem Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau schreibt die SPD-Vizevorsitzende Serpil Midyatli der AfD eine Mitverantwortung für die damaligen Ereignisse zu. „Auf Hass und Hetze in Interviews oder Reden folgen gewaltsame Taten. Die AfD trägt eine Mitschuld am Anschlag von Hanau“, sagte Midyatli den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Donnerstag. „Da kann sie sich nicht rausreden.“
Die Sozialdemokratin appellierte an Deutschstämmige, den Kampf gegen Alltagsrassismus zu verstärken. „Schaue ich Menschen, die nicht deutsch aussehen, anders an? Benachteiligte ich sie bei der Suche nach Jobs, Wohnungen, wo auch immer? Dagegen kann jede und jeder Einzelne etwas tun“, sagte sie.
Die Angst vor rechtsextremen Gewalttätern sei unter Menschen mit Zuwanderungsgeschichte nach dem Anschlag von Hanau größer geworden, sagte Midyatli, deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland eingewandert waren. „Das Risiko, Opfer eines Terror-Anschlags zu werden, ist für Menschen, die aussehen oder heißen wie ich, größer. Das ist so.“ Die Gefahr durch rechte Gewalttäter sei „uns allen sehr bewusst, und eine Tat wie die von Hanau zeigt, wie real sie ist“.
Die SPD-Politikerin kritisierte zugleich, dass nach wie vor viele Fragen zu der Tat nicht beantwortet seien. „Die Fragen der Hinterbliebenen sind berechtigt. Sie wollen wissen, wie die Abläufe waren, welche Versäumnisse es gab, warum Notrufe in der Nacht nicht eingegangen sind.“ Die Hinterbliebenen hätten das Recht, all dies zu erfahren. „Alle Fragen der Angehörigen müssen beantwortet werden“, forderte Midyatli.
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43 Jahre alter Deutscher in zwei Bars im hessischen Hanau neun Menschen getötet. Die Bundesanwaltschaft attestierte dem Täter, der sich nach dem Anschlag selbst tötete, eine zutiefst rassistische Gesinnung.
