Kreml-Kritiker Nawalny abgemagert zu Anhörung vor Gericht erschienen

Russische Justiz
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Der inhaftierte russische Oppositionelle Alexej Nawalny ist bei einem Gerichtstermin zum ersten Mal seit dem Ende seines Hungerstreiks in der Öffentlichkeit erschienen. „Ich wurde gestern in ein Badehaus gebracht (…) Dort gab es einen Spiegel, in dem ich mich gesehen habe: Ich bin nur noch ein schreckliches Skelett“, sagte der kahl rasierte, deutlich abgemagerte 44-Jährige vor dem Gericht laut einer am Donnerstag vom Fernsehsender Doschd veröffentlichten Audioaufnahme. Das Organisationsnetzwerk des Kreml-Kritikers kündigte unterdessen vor einem befürchteten offiziellen Verbot seine Auflösung an.

„Ich habe nicht mehr so wenig gewogen seit ich in der siebten Klasse war“, sagte Nawalny dem Bericht zufolge. An seine Frau Julia gewandt, die im Gerichtssaal saß, sagte er dann, er bekomme jetzt einige Löffel Haferbrei pro Tag. Der Kreml-Kritiker hatte seinen Hungerstreik vor rund einer Woche beendet, den er aus Protest gegen seine Haftbedingungen begonnen hatte. Er schwebte nach Angaben seiner Unterstützer zwischenzeitlich in Lebensgefahr. Nawalnys Anhörung vor Gericht war Teil seines Berufungsverfahrens gegen seine Verurteilung wegen Verleumdung eines Weltkriegsveteranen im Februar.

Vor einem anderen Gericht fand ebenfalls am Donnerstag eine Anhörung zu einem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, die Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung FBK und das Netzwerk regionaler Organisationen des Kreml-Kritikers als „extremistisch“ einstufen lassen will. In der Folge würde die Arbeit der Organisationen komplett verboten. Mitgliedern und Unterstützern würden lange Haftstrafen drohen.

Der Chef des Netzwerks der Regionalbüros, Leonid Wolkow, kam der Entscheidung am Donnerstag zuvor und erklärte in einem Video in den Online-Medien die Auflösung der Organisation. Einige der 37 Büros würden ihre Aktivitäten aber als unabhängige politische Organisationen fortsetzen. Am Montag hatte die russische Justiz bereits ein vorläufiges Tätigkeitsverbot für die Nawalny-Organisationen verhängt.

Die Regionalbüros spielen bei Wahlen eine große Rolle, da sie immer wieder Kampagnen für „intelligentes Wählen“ führen. Dabei rufen sie dazu auf, unabhängig von der Partei für jenen Kandidaten zu stimmen, der die besten Aussichten gegen den Kreml-treuen Kandidaten hat.

Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag in Russland mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe überlebt, für den er den Kreml verantwortlich macht. Nach seiner Behandlung in der Berliner Charité wurde er nach seiner Rückkehr im Januar in Russland festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt.

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