In der juristischen Aufarbeitung des Dieselskandals bei Volkswagen hat der Bundesgerichtshof (BGH) grünes Licht für ein weiteres Musterverfahren von Kapitalanlegern gegeben. Der BGH entschied am Mittwoch, dass das bereits beim Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren gegen den Wolfsburger Autobauer einem weiteren Musterverfahren beim Oberlandesgericht Stuttgart gegen die Holding Porsche SE „nicht entgegen steht“. (Az. II ZB 10/19)
Damit hob der BGH eine Entscheidung des Stuttgarter OLG vom März vergangenen Jahres auf. Damals hatte das Oberlandesgericht entschieden, dass das Verfahren in Stuttgart gegen die Porsche SE, die mit rund 52 Prozent die Mehrheit an der Volkswagen AG hält, „unzulässig“ sei.
Als Grund gab das Gericht an, dass am OLG Braunschweig bereits ein Verfahren von Kapitalanlegern stattfindet. Dort sollen ebenfalls Vorwürfe geklärt werden, ob Investoren zu spät über die Abgasmanipulationen des VW-Konzerns informiert wurden – und sie dadurch herbe Verluste an den Börsen erlitten.
Grundlage für die Verfahren ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG), das Anlegern die gemeinsame Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erleichtern soll.
Das Stuttgarter OLG hatte unter anderem argumentiert, dass das KapMuG eine Bündelung der Verfahren bezwecke, „um sich widersprechende Entscheidungen und doppelten Aufwand etwa für eine Beweisaufnahme zu vermeiden“. Ein Musterverfahren in der baden-württembergischen Landeshauptstadt komme erst dann in Betracht, wenn das Musterverfahren in Braunschweig „rechtskräftig“ abgeschlossen sei.
In Stuttgart geht es um Schadenersatzklagen von Aktionären, die der Porsche SE vorwerfen, sie nicht via Pflichtmitteilung an die Kapitalmärkte über die in Dieselautos des VW-Konzerns verwendeten Abschalteinrichtungen informiert zu haben.
Der BGH entschied nun, dass das Verfahren in Braunschweig das Verfahren vor dem OLG Stuttgart nicht sperre, weil Gegenstand der Feststellungsziele des Musterverfahrens in Braunschweig Schadensersatzansprüche wegen öffentlicher Kapitalmarktinformationen der VW AG seien – während das Verfahren in Stuttgart eben „öffentliche Kapitalmarktinformationen der Porsche SE betreffen soll“.
Dass in beiden Verfahren Vorgänge bei Volkswagen von Bedeutung seien, sei „nicht entscheidend“, erklärte der BGH. Der Bundesgerichtshof wies den Fall nun zur Entscheidung über die Bestimmung eines Musterklägers an das Oberlandesgericht zurück.