Minister Müller und Heil kündigen Lieferkettengesetz an

Symbolbild: Fracht

Wegen mangelhaften Engagements für Sozial- und Umweltstandards wollen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Unternehmen nun schnellstmöglich mit einem Lieferkettengesetz in die Pflicht nehmen. „An der Verantwortung für Menschenrechte führt kein Weg vorbei“, sagte Heil am Dienstag bei der Vorstellung neuer Umfrageergebnisse zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Diese zeigten, „dass Freiwilligkeit nicht ausreicht“.

Wie die Ministerien für Arbeit und Entwicklung mitteilten, gaben nur 455 von etwa 2250 befragten Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten umfassend Auskunft darüber, inwiefern sie soziale und ökologische Mindeststandards in ihren globalen Lieferketten sicherstellen. „Deutlich weniger als 50 Prozent“ kämen ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nach. 

Müller nannte das Ergebnis „enttäuschend“ und erklärte: „Die Ausbeutung von Mensch und Natur sowie Kinderarbeit darf nicht zur Grundlage einer globalen Wirtschaft und unseres Wohlstandes werden.“ Eine erste Befragung im vergangenen Jahr hatte noch negativere Ergebnisse gebracht.

Müller und Heil kündigten vor diesem Hintergrund am Dienstag an, ihr bereits seit längerem geplantes Lieferkettengesetz zur Wahrung von Menschenrechten und Umweltschutz bei Produzenten und Zulieferern auf den Weg zu bringen und damit eine Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD umzusetzen. Darin heißt es, falls die NAP-Überprüfung zum Ergebnis komme, „dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht, werden wir national gesetzlich tätig“.

„Das Lieferkettengesetz wird nur verlangen, was machbar und verhältnismäßig ist“, erklärte Heil, „und es schafft Rechts- und Handlungssicherheit für die Unternehmen“. Naturschutz- und Menschenrechtsorganisationen begrüßen das Gesetzesvorhaben, Wirtschaftsverbände dagegen warnen vor einer ungerechtfertigten Zusatzbelastung für Unternehmen, insbesondere in der Corona-Krise.

„Freiwilligkeit funktioniert im internationalen Handel nicht, das haben die aktuellen Untersuchungen erneut bestätigt“, erklärte Linken-Chef Bernd Riexinger. Deutsche Firmen müssten „endlich gesetzlich gezwungen werden, die Verantwortung für ihre gesamte Wertschöpfungskette zu übernehmen. „Von Anbietern, die die Einhaltung menschenrechtlicher Standards nicht nachweisen können, darf nicht gekauft werden“, forderte Riexinger. 

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer zeigte sich dagegen angesichts ohnehin strapazierter Lieferketten in der Corona-Krise skeptisch: Die Regierung werfe der Wirtschaft mit dem Gesetz „nach dem Unternehmensstrafrecht den zweiten Knüppel zwischen die Beine“ und bremse Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern aus. Für Mittelständler sei die lückenlose Überwachung der Lieferketten kaum zu leisten.

Das Gesetz solle zwar vornehmlich Großunternehmen in die Pflicht nehmen, diese würden den bürokratischen Druck aber „eins zu eins an ihre kleineren Geschäftspartner in der Lieferkette weitergeben“ und diese so „an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen“, kritisierte auch die Vizepräsidentin des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Ines Kitzing.

Verbraucherschützer sehen ein Lieferkettengesetz derweil als Vorteil für Konsumenten: „Als Verbraucher muss ich mich darauf verlassen können, dass mein Einkauf keine Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörungen fördert“, erklärte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Ohne ein Gesetz mit verbindlichen und einheitlichen Vorgaben für Unternehmen sei das nur schwer zu beurteilen.

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