In Corona-Zeiten bedarf die Flugreise eines getrennt lebenden Elternteils mit den gemeinsamen Kindern laut einer aktuellen Gerichtsentscheidung der Zustimmung des anderen Elternteils. Eine solche Reise stelle angesichts der Pandemie keine Angelegenheit des täglichen Lebens mehr dar, befand das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig in der am Montag veröffentlichten Entscheidung. (Az. 2 UF 88/20)
Im vorliegenden Fall hatte die Mutter in den Sommerferien eine Flugreise nach Mallorca mit den beiden gemeinsamen Kindern gebucht. Der Vater war damit nicht einverstanden. Bislang boten solche Fälle wenig Anlass für juristischen Streit: Über Auslandsreisen kann grundsätzlich der jeweils betreuende Elternteil allein entscheiden, wenn die Reise nicht mit Nachteilen beziehungsweise Gefahren für das Kind verbunden ist.
Die Pandemie erfordere jedoch einen differenzierteren Blick auf den Sachverhalt, befand nun das OLG. Auch wenn keine Reisewarnung für das Urlaubsziel bestehe, führe die Ausbreitung von Covid-19 weiter zu Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr und zu Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens. Hinzu komme, dass die derzeitigen Lockerungen der Beschränkungen nur auf Probe erfolgt seien und keine Planungssicherheit bezüglich eines gebuchten Rückflugs gewährleistet sei.
Der Senat verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass bei erneut erforderlichen staatlichen Reaktionen auf Virusausbrüche die Gefahr längerer Quarantäne oder eines Festsitzens im Ausland bestehe. Dies aber könne zu einer erheblichen Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kinds führen.
Überdies gebe es weiter Unsicherheit über die Infektionswege des Coronavirus. Deshalb sei auch nicht geklärt, welche konkrete – gegebenenfalls erhöhte – Ansteckungsgefahr im Zusammenhang mit Flugreisen bestehe. Über eine Flugreise ins Ausland müssten daher beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam entscheiden.
Können sich die Eltern nicht über die Reise einigen, kann das Familiengericht der Braunschweiger OLG-Entscheidung zufolge auf Antrag einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis übertragen. Dabei muss sich das Familiengericht an dem Kindeswohl im konkreten Einzelfall orientieren und die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil gewähren, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kinds besser gerecht wird.