Deutschem „Maddie“-Verdächtigen droht Niederlage vor Europäischem Gerichtshof

Symbolbild: Gefängnis
Symbolbild: Gefängnis

In einem vom deutschen Tatverdächtigen im Fall „Maddie“ angestrengten Rechtsstreit um eine Auslieferung aus Portugal droht diesem vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage. Der zuständige Generalanwalt wies die Argumentation des Verdächtigen Christian B. am Donnerstag in seinem Schlussvortrag zurück, wie das Gericht erklärte. Die Richter folgen der Empfehlung oft, müssen es jedoch nicht.

Der Fall wurde dem EuGH von Bundesgerichtshof (BGH) vorlegt, weil Fragen rund um die Zulässigkeit der Auslieferung bei der von B. eingelegten Revision gegen eine Verurteilung durch das Landgericht Braunschweig im vergangenen Jahr eine Rolle spielen könnten. Dabei geht es um eine Vergewaltigung einer 72-Jährigen im Jahr 2005. Mit dem Verschwinden des britischen Mädchens Madeleine „Maddie“ McCann in Portugal 2007 und dem entsprechenden Verdacht gegen B. hat dies nichts zu tun.

Der Fall berührt komplizierte juristische Spezialfragen rund um die Vollstreckung europäischer Haftbefehle und Auslieferungen zwischen EU-Mitgliedsstaaten. B. argumentiert, dass die Verurteilung nicht zulässig war, weil er ursprünglich aufgrund eines anderen Vorwurfs der deutschen Justiz aus Portugal ausgeliefert wurde und daher die portugiesischen Behörden dem nachträglich hätten zustimmen müssen.

Nach der Verbüßung der Haftstrafe für das genannte Delikt, bei dem es sich laut EuGH um sexuellen Kindesmissbrauch handelte, verließ er Deutschland aber zunächst wieder freiwillig und wurde daraufhin aufgrund eines weiteren europäischen Haftbefehls in Italien erneut gefasst und ausgeliefert. Erst danach erfolgte die Verurteilung in Braunschweig. Bereits der BGH vertrat deshalb nach eigenen Angaben die Auffassung, dass die Argumentation von B. deshalb nicht greift. Er legte den Fall aber dem EuGH zur europarechtlichen Abklärung vor.

Der zuständige Generalanwalt dort teilte die Ansicht der obersten deutschen Richter. Weil B. Deutschland zwischenzeitlich freiwillig verlassen habe und die neuerliche Festnahme aufgrund eines zweiten europäischen Haftbefehls durch die italienische Justiz erfolgt sei, die der Ausweitung der Strafverfolgung auf die Vergewaltigung auch zugestimmt habe, greife das vom Beschuldigten angeführte Argument nicht. Der Zähler sei dadurch quasi „auf null zurückgesetzt“ worden.

Der für einen Fall zuständige Generalanwalt am EuGH legt am Ende eines jeden Verfahrens in einem neutralen Rechtsgutachten seine Einschätzung dar. Die Richter sind aber frei in ihrer Entscheidung. Wann das Gericht in Luxemburg sein Urteil verkündet, ist noch offen.

Der vielfach und erheblich vorbestrafte B. wird von der deutschen Staatsanwaltschaft verdächtigt, die bei einem Familienurlaub an der Algarve verschwundene „Maddie“ ermordet zu haben. Die Ermittlungen dazu laufen. B. verbüßt derzeit noch eine Gefängnisstrafe in einer weiteren Sache. Dabei geht es um ein Drogendelikt. Parallel läuft die Revision wegen des Vergewaltigungsurteils aus dem vorigen Jahr.

Sollte der BGH die Entscheidung absegnen und diese rechtskräftig werden, müsste B. deshalb zunächst weitere sieben Jahre in Haft verbringen. Bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens greift zudem noch ein Untersuchungshaftbefehl. B. käme also nicht auf freien Fuß.

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