Bundesgerichtshof: Oft schärfere Strafen bei Sexualstraftaten möglich

Bundesgerichtshof - Außenansicht - Bild: Photo: Andreas Praefcke / CC BY
Bundesgerichtshof - Außenansicht - Bild: Photo: Andreas Praefcke / CC BY

Sexualstraftäter müssen künftig teils mit schärferen Strafen rechnen. Im Fall von Kindesmissbrauch erleichterte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil die Annahme einer strafverschärfenden Schutzlosigkeit des Opfers. Es komme hierfür nicht auf dessen eigenes Empfinden, sondern allein auf die objektive Lage des Opfers an. (Az: 4 StR 678/19)

Im Streitfall hatte der Täter ein sechsjähriges Mädchen in eine uneinsehbare Böschung gelockt und sieben Monate später eine Achtjährige in eine leerstehende Ruine gezwungen. Beiden zog er die Hose herunter und berührte sie im Genitalbereich. Die Achtjährige küsste er zudem. Das Landgericht Halle verurteilte den Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Dagegen legten die Eltern als Nebenkläger und die vom Generalbundesanwalt vertretene Staatsanwaltschaft Revision ein.

Hintergrund ist, dass das Strafgesetzbuch in seinem Paragrafen zu Sexualstraftaten verschiedene Kriterien nennt, welche die Strafe verschärfen. Hierzu gehört es, wenn der Täter „eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist“. Das Landgericht sah dies nicht als erfüllt an, weil die Mädchen sich nicht schutzlos gefühlt hätten. Zumindest bei der Achtjährigen sei auch der Wille zum Widerstand nicht gebrochen gewesen.

Der BGH entschied nun, dass es nicht auf das innere Empfinden, sondern auf die objektive Lage des Opfers ankomme. Eine schutzlose Lage liege vor, „wenn sich das Opfer dem überlegenen Täter allein gegenübersieht und auf fremde Hilfe nicht rechnen kann“. Nach dem Karlsruher Urteil reicht es hierfür aus, wenn Widerstand, Flucht oder Hilferufe weitgehend aussichtslos erscheinen. Aus diesen und weiteren Gründen soll nun das Landgericht Halle die Strafe des Manns neu prüfen.

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