GPS-Uhr statt abgeschlossener Türen: Bundessozialgericht bestätigt Anspruch für Behinderte mit „Weglauftendenz“

Symbolbild: GPS-Position
Symbolbild: GPS-Position

Behinderte Menschen mit „Weglauftendenz“ können von ihrer Krankenkasse eine GPS-Notfalluhr beanspruchen, die ihre Überwachung und Ortung erleichtert. Dies ermögliche immerhin eine gewisse Bewegungsfreiheit, wie am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied. (Az: B 3 KR 15/19 R)

Der Kläger aus Niedersachsen ist heute 21 Jahre alt und hat das Downsyndrom. Dies führt zu einer ausgeprägten geistigen Behinderung mit einer „Weglauftendenz“, Orientierungslosigkeit und Selbstgefährdung. Er lebt bei seiner Mutter und besucht eine Tagesförderstätte.

Bei seiner Krankenkasse beantragte er die Kostenübernahme für eine GPS-Notfalluhr. Diese schlägt Alarm, wenn er zu weit wegläuft und ermöglicht seine Ortung. Dadurch könne das „Gefahrenpotenzial“ bei Menschen mit Weglauftendenz erheblich verringert werden.

Die Krankenkasse lehnte dies ab. Die GPS-Uhr diene weder der Pflege noch dem Behinderungsausgleich, sondern nur der Überwachung. Stattdessen könne der Mann auch besser beaufsichtigt oder die Türen abgeschlossen werden.

Schon in der Vorinstanz hielt das Landessozialgericht Celle gerade das „Wegsperren“ für keine gute Idee. Die GPS-Notfalluhr ermögliche immerhin eine gewisse Bewegungsfreiheit und mildere so die Folgen der geistigen Behinderung ab.

Dem folgte nun das BSG. Die GPS-Uhr bringe mehr Bewegungsfreiheit im Nahbereich der Wohnung und der Betreuungseinrichtungen. Letztlich erhöhe das Hilfsmittel die Mobilität. Damit diene es dem Behinderungsausgleich, für den die Krankenkasse zuständig sei.

Ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, für das die Krankenkasse nicht aufkommen müsste, sei die GPS-Notfalluhr nicht, betonten die Kasseler Richter. Allerdings habe die Kasse auch Möglichkeit, ein entsprechendes Gerät leihweise zur Verfügung zu stellen.

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