Auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat eine stärkere Rolle des Parlaments bei Beschlüssen im Kampf gegen die Corona-Pandemie gefordert. „Da ist irgendwas in eine Schieflage geraten“, sagte Roth am Dienstag im Deutschlandfunk. Die Kompetenzen müssten wieder ins Parlament verlagert werden. Die Koalitionsfraktionen hätten viel zu lange an die Ministerpräsidenten delegiert, das räche sich jetzt.
„In einer Zeit, wo es darum geht, diese schwierige Abwägung immer wieder zu treffen, Schutz der Gesundheit, aber auch Schutz von Freiheit und Bürgerrechten, da muss es ein Ringen geben um Lösungen, Debatten, Reden, Gegenreden, Alternative, Abwägungen, Entscheidungen und Kontrollen“, zeigte sich Roth überzeugt. Das sei die Aufgabe des Parlaments. Durch dieses Ringen im Bundestag entstehe auch erst eine Akzeptanz in der Bevölkerung für Grundrechtseingriffe.
Bereits zuvor waren verstärkt Forderungen nach mehr Entscheidungsgewalt für die Parlamente laut geworden. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mahnte am Montag, „dass der Bundestag seine Rolle als Gesetzgeber und öffentliches Forum deutlich machen muss“.
Bundestagsvizepräsidentin Roth kritisierte auch Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu verlängerten Sonderbefugnissen bei der Pandemiebekämpfung. „Es kann nicht sein, dass ein Minister unersättlich mehr Ermächtigungen will, dass er eine Art unbefristete Generalermächtigung will“, sagte die Grünen-Politikerin. Gerade in einer Pandemiezeit brauche es eine Wirksamkeit von Demokratie und von Rechtsstaat, „und zu unserem Rechtsstaat gehörst die Gewaltenteilung“.