Mit Verspätung hat am Montag vor dem Landgericht Trier der Prozess gegen acht mutmaßliche Betreiber des sogenannten Cyberbunkers begonnen. Sie sollen ein Rechenzentrum für illegale Webseiten im Internet und im Darknet betrieben haben. Der Verhandlungsbeginn hatte sich wegen eines fehlenden Schöffen am Morgen um rund anderthalb Stunden verzögert. In dem Prozess sind Verhandlungstermine bis Ende 2021 angesetzt.
Die Hauptverhandlung begann schließlich mit einem Ersatzschöffen. Sie musste allerdings wenig später wegen eines technischen Problems an der Tonanlage für eine Simultandolmetscherin für rund 20 Minuten unterbrochen werden, bevor die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ihre Anklage vortrug. Die Kurzfassung der Schrift umfasste knapp 40 Seiten. Es geht unter anderem um Beihilfe zu über 249.000 Straftaten sowie zu versuchter Computersabotage.
Die Angeklagten im Alter zwischen 25 und 60 Jahren sollen in ihrem Datenzentrum kriminellen Kunden gegen Geld Schutz vor staatlichen Zugriffen gewährt haben. Der überwiegende Teil der angeklagten Beihilfen dreht sich um Drogenhandel.
Hauptangeklagter ist der Niederländer Herman X., der laut Anklage als Kopf der Gruppe gilt. Er soll den ehemaligen Bundeswehrbunker in Traben-Trarbach 2013 über eine Stiftung gekauft und dort mit drei weiteren Angeklagten das Rechenzentrum aufgebaut haben. Die weiteren Angeklagten seien später hinzugekommen. Diese wohnten zum Teil auch im Bunker.
„Es gab eine feste Rollenverteilung“, sagte Oberstaatsanwalt Jörg Angerer. Die Abschottung der Anlage sei von X. mit den Daten der Kunden begründet worden. Da der Kauf des Bunkers mit hohen Anschaffungskosten verbunden gewesen sei, sei davon auszugehen, dass der Betrieb auf Dauer ausgelegt worden sei, sagte Angerer.
Zu den Kunden des „Cyberbunkers“ sollen bis zu ihrer Abschaltung große Darknetmarktplätze wie „Wall Street Market“ oder „Fraudsters“ gehört haben. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz seien im Onlineforum „Fraudsters“ beispielsweise gefälschte österreichische oder spanische Pässe ab 41 Euro erhältlich gewesen.
Im November 2016 soll ein groß angelegter Angriff auf Router der Deutschen Telekom über Server aus dem Rechenzentrum in Traben-Trarbach gesteuert worden sein. Der Angriff schlug fehl, führte allerdings zu einem Ausfall der Geräte. Mehr als eine Million Anschlüsse seien davon betroffen gewesen. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz sei ein Schaden von mehr als 2,3 Millionen Euro entstanden.
Im Prozess wird es vor allem um die Frage gehen, ob die Angeklagten von dem illegalen Verhalten ihrer Kunden wussten und es durch den Betrieb des Cyberbunkers förderten. Der Betrieb eines Rechenzentrums, das illegale Seiten hostet, ist grundsätzlich nicht strafbar. Einige der Angeklagten erklärten, sich im Laufe des Prozesses zu den Vorwürfen äußern zu wollen.
Die Verteidigung von X. beschrieb ihren Mandanten am Rande des Prozesses als „IT-Nerd“, der nur auf dem Papier der Kopf des Bunkers gewesen sei. Er habe kein kriminelles Geschäftsmodell verfolgt. Seine Hauptaufgabe sei die Entwicklung einer „Messenger-App im Hochsicherheitsbereich“ gewesen. Was über die Server im Bunker gelaufen sei, habe er nicht kontrollieren können. „Wir gehen davon aus, dass X. nicht verurteilt wird“, sagten die Verteidiger.