Die EU-Länder wollen eine weitgehende Reform der Weltgesundheitsorganisation WHO anstoßen. Darauf hätten sich Gesundheitsminister der 27 Mitgliedstaaten am Freitag verständigt, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Anschluss an eine Videokonferenz mit seinen EU-Kollegen. „Wir wollen auch unbedingt jetzt damit beginnen“ und nicht erst das Ende der Corona-Pandemie abwarten.
Aus einem Entwurf für eine gemeinsame Erklärung geht hervor, dass die Gesundheitsminister die WHO in ihrer jetzigen Form als der Corona-Pandemie nicht gewachsen sehen. Die Pandemie habe gezeigt, „dass die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft (…) die derzeitigen Kapazitäten der WHO übertreffen“, heißt es in dem Text, der nächste Woche formell angenommen werden soll.
Die WHO müsse „transparenter, effektiver und schlagkräftiger“ werden, sagte Bundesminister Spahn. Laut dem Erklärungsentwurf sprechen sich die Minister unter anderem für „die Möglichkeit einer unabhängigen epidemiologischen Bewertung vor Ort in Hochrisikogebieten“ aus. Auch müssten die Systeme der Datenübermittlung von staatlichen Behörden an die WHO verbessert werden.
„Das geht nur, wenn auch die Mitgliedstaaten bereit sind, dazu beizutragen“, sagte Spahn weiter. Deshalb werde die EU nach der formalen Annahme der Ministererklärung ihr Reformvorhaben bei der Weltgesundheitskonferenz der WHO am 9. November vorstellen. Es gehe nun auch vor allem darum, auf internationaler Ebene Verbündete dafür zu finden.
Die WHO war wegen ihres Krisenmanagements zu Anfang der Corona-Pandemie teils massiv in die Kritik geraten. Insbesondere US-Präsident Donald Trump warf der WHO eine zu große Nähe zu China vor. Er leitete offiziell den Austritt seines Landes aus der internationalen Organisation ein.
Auch in Europa wurde Kritik insbesondere daran laut, dass die WHO sich erst spät für Reisewarnungen wegen der Ausbreitung des Coronavirus ausgesprochen hatte. Das Virus war Ende vergangenen Jahres zunächst in China aufgetreten und breitete sich später nahezu auf der ganzen Welt aus.