Lindner: Reform des Infektionsschutzgesetzes gibt Regierung „Blankoscheck“

Christian Lindner im Bundestag
Christian Lindner im Bundestag

FDP-Chef Christian Lindner hat die geplante Reform des Infektionsschutzgesetzes kurz vor der erwarteten Verabschiedung erneut kritisiert. Das Gesetzentwurf sei für die Regierung „im Grunde ein Blankoscheck“, da nicht genau festgelegt werde, „was die Regierung in einer bestimmten Situation tun kann oder darf“, sagte Lindner am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. So werde weder „rechtliche Klarheit“ geschaffen noch „staatliche Berechenbarkeit“.

Lindner forderte klare gesetzliche „Leitplanken“ für staatliche Eingriffe im Fall einer Pandemie. Er verwies auf die schwierigen Diskussionen zwischen Bund und Ländern am Montag, die damit endeten, dass konkrete Beschlüsse zu weiteren Corona-Maßnahmen vertagt wurden. Solche „etwas chaotischen Diskussionen“ könnten durch klare gesetzliche Vorgaben vermieden werden.

Die FDP wolle außerdem „Berichtspflichten“ der Regierung gegenüber dem Bundestag einführen, fügte Lindner hinzu. Die Regierung müsse ihre Krisenstrategie regelmäßig erklären. 

Vorwürfe, die Kritik an der Reform des Infektionsschutzgesetzes sei Wasser auf die Mühlen von Corona-Leugnern, wies der FDP-Chef zurück. „Man muss klare Grenzen ziehen.“ Auf der einen Seite stehe inhaltliche Kritik, auf der anderen Seite stünden Äußerungen von Corona-Leugnern, Rechtsextremisten und Reichsbürgern. 

An alle Kritiker der Corona-Maßnahmen gerichtet sagte Lindner: „Achten Sie darauf, in welche Gesellschaft sie sich begeben.“ Vergleiche der Gesetzesreform mit dem NS-Ermächtigungsgesetz bezeichnete er als „absolut überzogen und absurd“. 

Der Bundestag soll am Mittag über die Reform abstimmen. Bereits am Nachmittag befasst sich zudem der Bundesrat in einer Sondersitzung mit der Vorlage. Sie soll Maßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie auf eine sicherere rechtliche Grundlage stellen. Der Gesetzestext enthält einen Katalog von möglichen Maßnahmen zum Infektionsschutz, darunter Kontaktbeschränkungen, Geschäftsschließungen sowie die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte den Entwurf im Bayerischen Rundfunk. „Wir kommen weg von der allgemeinen Klausel hin zu einer aufschreibenden Aufzählung, zur Einordnung, Verhältnismäßigkeitsfragen“, sagte er. „Und das ist ja genau das, was Kritiker nachvollziehbarerweise gefordert haben in den letzten Wochen, dass doch jetzt nach so vielen Monaten der Pandemie die Rechtsgrundlage auch eine ausdifferenzierte werden muss.“

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