EuGH: Behörden müssen Herausgabe interner Umweltinformationen im Einzelfall prüfen

Symbolbild: EuGH
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Eine Mitteilung zu Umweltthemen gilt als intern, wenn sie nur innerhalb einer Behörde im Umlauf ist und diese nicht verlässt. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Mittwoch im Rechtsstreit um den Zugang zu Informationen zu Baumfällungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 im Jahr 2010. Allerdings müssen Behörden die Interessen in jedem Einzelfall abwägen, wenn ein Bürger Zugang zu solchen Informationen beantragt. (Az. C-619/19) 

Es geht um den Fall eines Manns, der das baden-württembergische Staatsministerium um Zugang zu bestimmten Unterlagen bat – einmal eine dem Ministerium übermittelte Information über einen Untersuchungsausschuss zu einem Polizeieinsatz vor den Baumfällungen und einmal über die Vermerke des Ministeriums zu einem Schlichtungsverfahren zu Stuttgart 21. Da die Landesregierung die Herausgabe unter Verweis auf den internen Charakter der Mitteilungen ablehnte, zog er vor Gericht.

Nachdem Vorinstanzen unterschiedlich geurteilt hatten, liegt der Fall nun beim Bundesverwaltungsgericht, das den EuGH um Auslegung der europäischen Regelungen über den Zugang zu Umweltinformationen bat. Konkret fragte es, wann und wie lange eine Mitteilung als intern zu betrachten sei.

Wenn eine Information von außen in eine Behörde gelange, dann aber der Öffentlichkeit nicht bekanntgemacht werde, könne sie immer noch als intern gelten, entschied der EuGH. Dies sei zeitlich nicht begrenzt. Ziel der Richtlinie sei, dass Behörden einen „geschütztem Raum für interne Überlegungen und Debatten“ hätten.

Allerdings sei eine Behörde verpflichtet, Gründe zu suchen, die für eine Herausgabe der Information sprechen könnten, wie etwa die Schärfung des Umweltbewusstseins, ein freier Meinungsaustausch oder besserer Umweltschutz. Sie muss demnach auch berücksichtigen, wie viel Zeit seit der Erstellung der Mitteilung verging. Diese Interessenabwägung müsse nachprüfbar sein und der Kontrolle von Behörden oder Gerichten unterliegen.

Darum müsse eine Behörde bei Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Informationen ihre Gründe darlegen und erklären, dass eine absehbare Gefahr bestehe, durch die Bekanntgabe der Informationen das geschützte Interesse tatsächlich zu beeinträchtigen.

Über den konkreten Fall hatte der EuGH nicht zu entscheiden, das muss nun das Bundesverwaltungsgericht tun. Die europäischen Richter wiesen aber darauf hin, dass die hier in Frage stehenden Dokumente als „interne Mitteilungen“ eingestuft werden könnten.

Der Entschluss zum Umbau des Stuttgarter Bahnhofs war 2010 von Massenprotesten begleitet worden, auf welche die Polizei teils mit Gewalt reagierte. Bei den Protesten ging es auch um den Erhalt der Bäume im Schlossgarten. Der Bahnhof soll 2030 fertig werden.

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