Höhere Verfahrenskosten als die eigentliche Strafe sind unverhältnismäßig

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Übersteigen die Verfahrenskosten, die ein verurteilter Täter zahlen muss, die Höhe der Strafe deutlich, ist dies unverhältnismäßig. Über die Rechnung muss erneut verhandelt werden, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe laut Mitteilung vom Donnerstag entschied. Es ging um einen Rechtsanwalt, der ursprünglich zu einer Geldstrafe von 23.000 Euro verurteilt worden war und später 30.000 Euro Gutachterkosten an die Staatsanwaltschaft zahlen sollte. (Az. 2 BvR 211/19)

Gegen den Mann war 2015 wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften eine Haftstrafe auf Bewährung ausgesprochen worden. Er musste 23.000 Euro in 36 Monatsraten bezahlen und tat dies auch, woraufhin nach Ablauf der Bewährungsfrist auf die Freiheitsstrafe verzichtet wurde.

Kurze Zeit später stellte ihm die Staatsanwaltschaft 30.781 Euro in Rechnung, um damit die Kosten für einen Sachverständigen im Ermittlungsverfahren gegen ihn zu bezahlen. Die Beschwerde des Manns verwarf das Düsseldorfer Landgericht als unbegründet und ließ eine weitere Beschwerde nicht zu, weswegen er vor das Bundesverfassungsgericht zog.

Er sah sein Recht auf Resozialisierung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Unter anderem argumentierte er, dass er inzwischen von seiner Frau getrennt sei und für sie und das gemeinsame Kind Unterhalt zahlen müsse.

Einen Verstoß gegen den Anspruch auf Resozialisierung sah das Bundesverfassungsgericht nicht. Es sei nicht erkennbar, warum ein Anwalt mit überdurchschnittlichem Einkommen, der nie im Gefängnis gesessen habe, eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft bräuchte, hieß es. Diesen Teil der Verfassungsbeschwerde nahm das Gericht nicht zur Entscheidung an.

Den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sah es durch den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf aber durchaus verletzt. Es sei unverhältnismäßig, dem Mann die Verfahrenskosten von mehr als 30.000 Euro aufzuerlegen, „ohne in erkennbarer Weise zu berücksichtigen, dass die Kostenbelastung die vom Beschwerdeführer bereits erfüllte Geldauflage in Höhe von 23.400 Euro erheblich übersteigt“, teilte das Gericht mit. 

Würde der Mann die Summe weiterhin in gleich hohen Raten abzahlen, würde das insgesamt sieben Jahre dauern und damit deutlich länger als die Bewährungszeit. Staatsanwaltschaft und Gerichte hätten sich damit auseinandersetzen müssen, ob ein teilweises Erlassen der Kosten möglich gewesen wäre. 

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