Weiteres belgisches Gericht lehnt Auslieferung von Katalanen an Spanien ab

Symbolbild: Justiz in Belgien
Symbolbild: Justiz in Belgien

Spanien hat im Ringen um die Auslieferung von katalanischen Unabhängigkeitsführern im belgischen Exil eine weitere juristische Niederlage hinnehmen müssen. Ein Brüsseler Gericht lehnte am Donnerstag in zweiter Instanz die Auslieferung des früheren katalanischen Regionalministers Lluis Puig an Spanien ab, wie dieser im Kurzbotschaftendienst Twitter erklärte. Für andere exilierte Katalanen, insbesondere den früheren Regionalpräsidenten Carles Puigdemont, ist die Gerichtsentscheidung ein Zeichen der Hoffnung.

Im August hatte bereits ein Gericht in erster Instanz entschieden, dass der Oberste Gerichtshof in Madrid rechtlich nicht befugt sei, die Auslieferung Puigs zu ersuchen. Demnach hätten die katalanischen Behörden den Antrag stellen müssen. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft legte dagegen Berufung ein.

Das Berufungsgericht bestätigte nun die Entscheidung vom August, nach Angaben von Puigs Verteidiger Christophe Marchand aber aus anderen Gründen. Die belgischen Richter sahen demnach „die Gefahr einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren“ in Spanien. Es habe „ernsthafte Anhaltspunkte“ dafür gegeben.

Marchand verwies auf die Prozesse, die den in Spanien gebliebenen Mitstreitern von Puigdemont und Puig gemacht wurden. Die Unabhängigkeitsbefürworter waren teils zu langjährigen Haftstrafen wegen Aufruhrs verurteilt worden. Der frühere katalanische Vize-Präsident Oriol Junqueras etwa erhielt eine 13-jährige Gefängnisstrafe. 

Puigdemont, Puig und einige weitere Katalanen waren nach der Zerschlagung der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung durch den spanischen Zentralstaat nach Belgien ins Exil gegangen. Spanien hat bereits mehrmals erfolglos versucht, mittels europäischer Haftbefehle ihre Auslieferung zu erwirken.

Im Fall von Puigdemont und dessen ehemaligem Gesundheitsminister Toni Comín hängt die Entscheidung über ein aktuelles Auslieferungsersuchen noch vom EU-Parlament ab. Beide Politiker waren im Mai 2019 in die europäische Volksvertretung gewählt worden und genießen dadurch Abgeordnetenimmunität. Ein Antrag auf Immunitätsaufhebung konnte seit Monaten wegen der Corona-Pandemie nicht bearbeitet werden, wie es aus Parlamentkreisen hieß.

Auch Junqueras war ins EU-Parlament gewählt worden, konnte sein Mandat wegen der Verurteilung jedoch nicht antreten.

Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung hatte am 1. Oktober 2017 gegen den Willen Madrids ein Referendum abgehalten und die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen. Die Zentralregierung in Madrid setzte daraufhin die Autonomie der Region aus und enthob die Regionalregierung ihres Amtes.

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