Die seit Monaten verzögerte Konferenz zur Reform der EU kann in Kürze starten. Nach den Mitgliedstaaten gab am Donnerstag auch das Europaparlament grünes Licht für das Vorhaben. Die sogenannte Konferenz zur Zukunft Europas soll mit breiter Bürgerbeteiligung bis zum kommenden Jahr abgehalten werden. Am kommenden Mittwoch soll nach AFP-Informationen bei einer Zeremonie im Europaparlament die Vereinbarung für den Start unterzeichnet werden.
Das EU-Parlament wolle, dass die Konferenz „so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnimmt“, erklärten die Fraktonsvorsitzenden der Abgeordnetenkammer und ihr Präsident, David Sassoli. Sie werde „einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer Bürgerunion leisten.“
Frankreichs Präsident Macron dringt seit seinem Amtsantritt 2017 auf eine umfassende Reform der EU. Mitte 2019 hatte die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu eine „Konferenz zur Zukunft Europas“ mit breiter Bürgerbeteiligung vorgeschlagen. Ende 2019 wurde dies in einem gemeinsamen deutsch-französischen Plan konkretisiert und durch einen EU-Gipfel auf den Weg gebracht.
Verzögert wurde das Vorhaben dann aber einerseits durch die Corona-Pandemie, die Präsenzveranstaltungen mit Bürgern unmöglich machte. Im Hintergrund ging es aber vor allem um die Frage, wer die Konferenz leiten soll. Das EU-Parlament hatte den ehemaligen belgischen Regierungschef Guy Verhofstadt vorgeschlagen. Der kampfeslustige Liberale stieß aber bei mehreren EU-Regierungen auf Ablehnung.
Der portugiesische Ratsvorsitz suchte dann im Februar die Blockade durch eine Ko-Präsidentschaft der drei beteiligten Institutionen aufzulösen. Demnach sollen Kommissionspräsidentin von der Leyen, Parlamentspräsident Sassoli und der Staats- oder Regierungschef des Landes, das turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft innehat, die Konferenz leiten.
Eine Ebene darunter soll ein „Exekutivausschuss“ angesiedelt sein. Hier soll jede der drei Institutionen drei Vertreter stellen, wie es nach AFP-Informationen in dem Kompromissvorschlag heißt, der nun auch durch das Parlament angenommen wurde. Aus Parlamentskreisen verlautete, der Vorschlag ermögliche auch eine Rolle für Verhofstadt, der aber dann nicht an der Spitze der Konferenz stehen würde.
Die Fraktionsvorsitzenden erklärten nun, sie vertrauten darauf, „dass sich die herausragende Rolle des Europäischen Parlaments in der Arbeit und in der praktischen Organisation der Konferenz selbst widerspiegeln wird.“ Die sozialdemokratische Fraktionschefin Iratxe García Pérez schrieb auf Twitter, das Parlament sei bereit, „die Führung bei der Koordinierung der Institutionen zu übernehmen“.
Angestrebter neuer offizieller Starttermin für die Konferenz ist zwar der Europatag am 9. Mai. Schon demnächst könnten aber Online-Veranstaltungen stattfinden. Diplomaten zufolge ist eine dazu von der EU-Kommission entworfene mehrsprachige Online-Plattform einsatzbereit.