Nach den Skandalen um lukrative Maskengeschäfte und bezahlten Lobbyismus haben sich die Koalitionsfraktionen auf strengere Transparenzregeln für Abgeordnete geeinigt. Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen sollen anders als bisher mit dem genauen Betrag veröffentlicht werden, wie die Fraktionen am Freitag mitteilten. Zudem sollen den Abgeordneten von Dritten bezahlte Lobbytätigkeiten gegenüber Bundesregierung oder Bundestag gesetzlich verboten werden. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zeigte sich erleichtert über die Einigung.
Das von Mützenich und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) erarbeitete Eckpunktepapier sieht zwölf Schritte vor. Demnach soll weiterhin eine Schwelle von 1000 Euro im Monat für die Veröffentlichung von Nebeneinkünften gelten – anders als jetzt werden diese „betragsgenau (auf Euro und Cent)“ veröffentlicht. Derzeit wird nur veröffentlicht, in welcher von insgesamt zehn Stufen sich Einkünfte aus Nebentätigkeiten bewegen.
Für ganzjährige Tätigkeiten soll künftig gelten, dass Einnahmen daraus ab 3000 Euro pro Kalenderjahr mit genauem Betrag veröffentlicht werden. Bisher gilt eine Schwelle von 10.000 Euro.
Beteiligungen sowohl an Kapitalgesellschaften als auch an Personengesellschaften werden den Plänen zufolge ab einem Anteil von fünf Prozent veröffentlicht. Bisher gilt dies erst ab 25 Prozent. Einkünfte aus solchen Unternehmensbeteiligungen, etwa Dividenden, werden ebenfalls veröffentlichungspflichtig.
Offenlegen müssen die Abgeordneten demnach auch den Besitz von Aktienoptionen und vergleichbaren Finanzinstrumenten – „unabhängig von der Frage, ob sie einen bezifferbaren Wert haben“. Honorare für Vorträge „im Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit“ werden untersagt.
Ein Punkt, der in der Umsetzung noch kompliziert werden könnte, ist das gesetzliche Verbot der von Dritten bezahlten Lobbytätigkeit gegenüber Bundesregierung oder Bundestag. „Fragen der konkreten Abgrenzung und Definition müssen noch im Gesetzgebungsprozess geklärt werden“, heißt es dazu in dem Papier.
Gesetzlich verboten werden soll auch der „Missbrauch der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag zu geschäftlichen Zwecken“. Dies sei „schon heute gemäß der Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages unzulässig, führt aber zu keiner Sanktion. Wir werden das ändern“, heißt es in dem Papier. Verboten werde auch die Entgegennahme von Geldspenden durch Abgeordnete.
Vorgesehen ist für bestimmte Regelverstöße eine Abschöpfung der erzielten Einnahmen, auch Ordnungsgelder werden angedroht. Außerdem soll der Strafrechtsparagraf zu Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit reformiert werden. „Die Koalition wird zeitnah Regelungen für mehr Transparenz im Parteiengesetz vorschlagen“, heißt es zudem.
Hintergrund des Vorgangs ist der Skandal um Provisionszahlungen bei Maskengeschäften und Lobbytätigkeiten, der derzeit CDU und CSU erschüttert. Mehrere Abgeordnete traten deshalb zurück. Die SPD hatte bereits seit Längerem strengere Offenlegungsregeln gefordert, die Union war aber lange skeptisch.
„Ich bin froh, dass wir uns nach vielen Jahren harter Diskussionen nun schnell auf diese deutlich verschärften Regeln für mehr Transparenz im Bundestag geeinigt haben“, erklärte Mützenich. „Ich hoffe, dass damit fahrlässig verspieltes Vertrauen in Politik zurückgewonnen werden kann.“
Brinkhaus erklärte, es müsse alles dafür getan werden, „dass Korruption, Bestechlichkeit und unmoralische Geschäftemacherei keinen Platz im Deutschen Bundestag haben“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, es werde „unmissverständlich deutlich“ gemacht, „dass das Mandat im Vordergrund steht und dass Transparenz und strenge Verhaltensregeln zwingend die Grundlage für die Arbeit im Parlament und das Vertrauen gegenüber dem Parlament sind“.