Oberstes Gericht hebt Urteile gegen Brasiliens Ex-Staatschef Lula auf

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Brasiliens Oberstes Gericht hat die Korruptions-Urteile gegen den ehemaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva aufgehoben und die Verfahren an ein Bundesgericht in Brasília verwiesen. Die Entscheidung schlug am Montag wie eine Bombe in Brasilien ein, denn möglicherweise könnte der nach wie vor populäre, linksgerichtete Politiker nun bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr gegen Amtsinhaber Jair Bolsonaro antreten.

Richter Edson Fachin kassierte alle vier Urteile gegen Lula. Er argumentierte, das Gericht im südbrasilianischen Curitiba, das alle Prozesse gegen Lula geführt hatte, sei dafür nicht zuständig gewesen. Die Fälle müssen nun vor dem Bundesgericht in Brasília neu aufgerollt werden. Werden die Urteile dort nicht wieder in Kraft gesetzt, darf der 75-Jährige bei der Wahl kandidieren.

Die Fälle gehen auf Ermittlungen in der Korruptionsaffäre „Lava Jato“ (Autowäsche) um den staatlichen Ölkonzern Petrobras zurück: Petrobas soll zu überteuerten Bedingungen Aufträge an Baukonzerne und andere Firmen vergeben haben; diese wiederum zahlten Bestechungsgelder an Politiker und Parteien. Im Zuge der jahrelangen Ermittlungen zum größten Korruptionsskandal in der Geschichte des Landes landeten eine Reihe von Politikern und Managern im Gefängnis, unter ihnen auch Lula.

Das Gericht in Curitiba befand den Ex-Präsidenten unter anderem für schuldig, auf diese Weise eine Luxuswohnung erhalten und illegale Gelder an seine Stiftung geleitet zu haben. Der ehemalige Metallarbeiter, der von 2003 bis 2010 an der Staatsspitze stand, wies die Vorwürfe stets als politisch motiviert zurück. Doch sein Image wurde schwer beschädigt.

Lula verbrachte 18 Monate in Haft, bevor er im November 2019 wieder auf freien Fuß kam – seine Anwälte hatten seine Freilassung nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts beantragt, wonach Verurteilte erst nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel inhaftiert werden können. Aufgrund seiner Verurteilung durfte Lula auch bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2018 nicht antreten. In den Umfragen hatte er zuvor stets in Führung gelegen.

Laut einer Umfrage des Ipec-Instituts vom vergangenen Sonntag wäre Lula auch bei der Wahl im Oktober 2022 der einzige ernstzunehmende Herausforderer von Bolsonaro und könnte sogar mehr Stimmen auf sich vereinen als der rechtsextreme Amtsinhaber. Aber der Ex-Präsident bleibt umstritten: Die Nachricht von der Entscheidung des Obersten Gerichts zu seinen Gunsten ließ die Börse in Sao Paulo um mehr als 1,5 Prozentpunkte abstürzen.

Lulas Pressebüro wollte die Gerichtsentscheidung zunächst nicht kommentieren. Seine Arbeiterpartei PT feierte hingegen das Urteil: „Lula unschuldig“, erklärte sie auf Twitter.

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44093 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt