Vom früheren baden-württembergischen CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel stammt der Satz, mit Bildungspolitik könne man keine Wahlen gewinnen, nur verlieren. Doch Susanne Eisenmann, Kultusministerin von Baden-Württemberg und christdemokratische Herausforderin von Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann bei der Landtagswahl am Sonntag, hält von dieser Aussage gar nichts. „Ich habe dem Spruch nie etwas abgewinnen können“, sagt sie. Bildungspolitik sei wie Fußball, jeder glaube mitreden zu können. Aber schlimmer wäre es, wenn sich niemand dafür interessiere würde.
Mit Sportsgeist geht Eisenmann auch im Wahlkampf während der Corona-Pandemie keinem Streit aus dem Weg – etwa als sie im Dezember forderte, die Grundschulen und Kitas in ihrem Land „unabhängig von den Inzidenzwerten“ wieder zu öffnen. Ihr Vorstoß machte die 56-Jährige zwar bundesweit bekannt. Doch bei Schülern, Lehrern und Eltern im Land war ihr Kurs umstritten.
Mit Energie und robustem Auftreten bahnte sich Eisenmann früh ihren Weg in die Politik. Die gebürtige Stuttgarterin trat in den 80er Jahren, als andere Teenager gegen Aufrüstung demonstrierten, der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union bei. Nach ihrer Promotion wurde sie 1991 persönliche Referentin beim damaligen CDU-Landtagsfraktionschef Günther Oettinger.
An dessen Seite arbeitete Eisenmann 14 Jahre, was ihr weiteres Leben politisch wie persönlich prägte. Denn bei Oettinger lernte sie auch ihren späteren Mann Christoph Dahl kennen, der heute die landeseigene Baden-Württemberg-Stiftung leitet. Das Paar hat keine gemeinsamen Kinder, Dahl brachte allerdings fünf Kinder aus einer früheren Ehe mit in die Beziehung.
Ende der 90er Jahre machte Eisenmann auch in der Stuttgarter Kommunalpolitik Karriere. 2004 wurde sie Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, kurz danach Bürgermeisterin für Schulen, Kultur und Sport. Als der CDU-Landeschef Thomas Strobl Eisenmann nach der Wahl 2016 als Kultusministerin vorschlug, stieß sie anfangs auf Widerstände.
Sie verschaffte sich allerdings schnell Respekt, indem sie ihren Etat mit einem öffentlichen Auftritt gegen Kürzungen verteidigte. Auch wenn Eisenmann zum liberalen Flügel ihrer Partei gehört, setzt sie konservative Akzente. So schaffte sie das „Schreibenlernen nach Gehör“ an den Grundschulen wieder ab.
Ihre Spitzenkandidatur bei der aktuellen Landtagswahl stellte ihre Freundschaft zu Strobl auf eine Probe. Er hätte gern selbst kandidiert. Wie schon 2016 musste er im parteiinternen Auswahlprozess aber erneut anderen den Vortritt lassen. Mit einer jüngeren Kandidatin rechneten sich die Christdemokraten bessere Chancen gegen den bereits seit zehn Jahren amtierenden Kretschmann aus.
Ob der Plan am Ende aufgeht, ist offen. Denn die Pandemie und Eisenmanns forsche Art, mit der Krise umzugehen, machten sie im Land zwar bekannter, aber nicht unbedingt beliebter. Dazu kam im Wahlkampfschlussspurt außerdem noch die Maskenaffäre in der Union, die die baden-württembergischen Christdemokraten direkt betraf. Der Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel ist einer der zwei Unionsvertreter, die sich durch Honorare als Vermittler bei der Maskenbeschaffung bereichert haben sollen.
Eisenmann ging in der Affäre umgehend in die Offensive. Es sei „indiskutabel“, sich in einer Krise „persönlich zu bereichern“, sagte sie in einem Interview. Löbels umgehenden Rückzug aus der Politik bezeichnete sie als „einzig richtige Entscheidung“.
Ob es ihr am Ende viel nützt, ist allerdings offen. Laut einer aktuellen Befragung hätten selbst 59 Prozent der CDU-Anhänger lieber weiterhin Kretschmann als Ministerpräsidenten. Die CDU lag demnach zudem bis zu elf Prozentpunkte hinter den Grünen.
Eisenmann gibt sich gleichwohl kämpferisch. Insbesondere der Vorwurf, sie würde mit dem Thema Corona-Pandemie Wahlkampf in eigener Sache machen, habe sie getroffen, sagte sie kürzlich. „Ich hätte es mir ja auch bequemer machen können und dem Druck der Verbände folgen.“ Doch es sich leicht zu machen, ist nicht Eisenmanns Art.