Unionsspitze drängt Löbel und Nüßlein zur Aufgabe ihrer Bundestagsmandate

Bundestag/Reichstag
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In der Affäre um Provisionszahlungen für die Vermittlung von Maskengeschäften wächst der Druck auf die beiden Parlamentarier Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU), ihre Abgeordnetenmandate niederzulegen. Wer sich in der Krise als Volksvertreter persönlich bereichere, müsse „das Parlament auch schleunigst verlassen“, sagte CDU-Chef Armin Laschet am Sonntag dem ARD-Hauptstadtstudio. Auch CSU-Chef Markus Söder mahnte, die beiden Abgeordneten sollten „umgehend reinen Tisch machen“.

„Vertrauen ist jetzt wichtig“, betonte Laschet. „Und Vertrauen ist beschädigt worden.“ Auch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) schrieb am Sonntag auf Twitter, Löbel und Nüßlein müssten „vollständig zurücktreten und ihre Mandate im Bundestag umgehend niederlegen“. 

„Es ist nicht zu tolerieren, wenn Volksvertreter die Krise zum Geschäft machen“, schrieb Söder auf Twitter. Das sei mit den Grundwerten der Union unvereinbar. „Alle Betroffenen sollten umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen – alles andere beschädigt das Vertrauen in die Politik.“

Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, er verstehe die Wut über das Verhalten der beiden Politiker. „Ich fordere, dass die beiden ihr Bundestagsmandat aufgeben“, sagte der CDU-Politiker. 

Als Konsequenz aus dem Maskenskandal kündigte Löbel am Sonntag seinen Rückzug aus der Politik an. Der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete erklärte seinen Austritt aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sein Abgeordnetenmandat will er Ende August niederlegen und dann auch nicht mehr bei der Bundestagswahl kandidieren. Löbel trat zugleich als CDU-Kreisvorsitzender in Mannheim zurück, will aber bis Ende August Stadtrat bleiben.

Die Mannheimer CDU stellte dem Politiker ein Ultimatum zum vollständigen Rückzug bis zum Monatsende. Ein „Rückzug von allen Ämtern und Mandaten bis spätestens 31. März“ sei nötig, „um allen Beteiligten eine unnötige Hängepartie zu ersparen“, hieß es in einer Erklärung des Kreisvorstands.

Am Abend erklärte dann auch der Neu-Ulmer CSU-Parlamentarier Nüßlein seinen sofortigen Rückzug aus der Unionsfraktion. Über seinen Anwalt ließ er aber zugleich mitteilen, dass er sein Bundestagsmandat bis zum Ende der Legislaturperiode ausüben wolle.

Löbel und Nüßlein sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Geschäften mit Corona-Schutzmasken kassiert haben. Nüßlein kündigte bereits an, im September nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen ihn wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit.

Auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) forderte beide Unionsabgeordneten zum sofortigen Mandatsverzicht auf. „In einer Krise als erstes an den eigenen Geldbeutel zu denken, ist ein Skandal“, sagte Roth der „Augsburger Allgemeinen“.

Die Opposition sieht hinter der Maskenaffäre ein strukturelles Problem. „Die Affären bei der Union sind keine Einzelfälle, das hat System“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Union müsse zudem die Blockade gegen schärfere Regeln und mehr Transparenz in Sachen Lobbygesetze, Nebenverdienste und Parteienfinanzierung aufgeben.

Zur Aufklärung der Maskenaffäre forderte die FDP einen Untersuchungsausschuss. Es gehe „längst nicht mehr um Einzelfälle oder allein um das Abzocken durch CDU- und CSU-Abgeordnete“, erklärte der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, am Sonntag in Berlin. Auch die Linke zeigte sich offen für einen Untersuchungsausschuss.

Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, forderte, die „Lobbyvorgänge“ in der Union aufzuklären, um noch mehr Schaden von der Politik abzuwenden. „Geklärt werden muss, ob es rund um das Gesundheitsministerium ein Amigo-Netzwerk gab“, erklärte Korte.

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