Fast drei Jahre nach Bekanntwerden des sogenannten Bamf-Skandals um angeblich massenhafte falsche Asylentscheidungen hat vor dem Bremer Landgericht ein Prozess wegen der Vorwürfe begonnen. Gleich zu Beginn des Verfahrens am Donnerstag zeichnete sich nach Angaben eines Gerichtssprechers ab, dass der Prozess gegen die frühere Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und einen Anwalt gegen Geldauflagen eingestellt werden könnte.
Demnach warben die Verteidiger der beiden Angeklagten in einem sogenannten Rechtsgespräch nach Verlesung der Anklage noch einmal intensiv für eine solche Verfahrenseinstellung. Auch das Gericht ließ laut Sprecher erkennen, dass es einem solchen Schritt gegen eine Geldauflage nach Betrachtung der Sach- und Rechtslage „nicht abgeneigt wäre“. Die Staatsanwaltschaft bat sich Bedenkzeit aus.
Eine Entscheidung könnte demnach bereits am kommenden Dienstag fallen, wenn sich die Beteiligten zum zweiten Verhandlungstag versammeln. In dem Prozess muss sich die 59-jährige Ex-Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle wegen Vorteilsnahme in zwei Fällen verantworten. Zudem werden ihr in je sechs Fällen die Fälschung von Daten und die Verletzung von Dienstgeheimnissen vorgeworfen.
Angeklagt ist auch ein 42-jähriger Anwalt, der unter anderem zwei Ausländer zu einer missbräuchlichen Asylantragstellung verleitet und eine strafbare Vorteilsgewährung begangen haben soll. Er soll mit der ehemaligen Leiterin der Außenstelle kooperiert haben, um Mandanten in Asylverfahren Vorteile zu verschaffen. Die Vorwürfe der Vorteilsnahme und -gewährung beziehen sich darauf, dass der Jurist der Beamtin zwei Hotelübernachtungen bezahlt haben soll.
Hintergrund der nun vor dem Landgericht verhandelten Vorwürfe ist die sogenannte Bamf-Affäre, die 2018 bundesweit Schlagzeilen machte und erhebliche Reaktionen auslöste. Anfangs war die Rede von weit über tausend Fällen. Die Leiterin der Bremer Außenstelle und die damalige Bamf-Präsidentin Jutta Cordt wurden entlassen. Die Vorwürfe fielen während der folgenden behördeninternen und juristischen Aufarbeitung jedoch weitestgehend in sich zusammen.
Letztlich verweigerte das Bremer Landgericht im vergangenen Jahr in einem letzten Schritt noch die Eröffnung eines Strafprozesses bei einem weit überwiegenden Teil der von der Staatsanwaltschaft zusammengetragenen Anklagepunkte. Diese verzichtete wiederum auf eine Beschwerde. Der Ex-Leiterin wird neben der Vorteilsnahme nur noch zur Last gelegt, in bestimmten einzelnen Fällen Dokumente aus digitalen Fallakten entfernt oder Bescheide erstellt zu haben sowie E-Mails an den angeklagten Anwalt weitergeleitet zu haben.