Regierung bringt bundesweite Corona-Notbremse auf den Weg

Angela Merkel - Bild: Bundesregierung/Kugler
Angela Merkel - Bild: Bundesregierung/Kugler

Die Bundesregierung hat die umstrittenen Regelungen zu Ausgangssperren und Schulschließungen in der Corona-Pandemie auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte am Dienstag den Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz. Dieses sieht erstmals eine bundeseinheitliche Notbremse vor, die ab einem Inzidenzwert von 100 greifen soll. An der Vorlage gibt es Kritik aus dem Bundestag und den Ländern. Deshalb ist noch offen, ob er in der jetzigen Form die parlamentarischen Hürden nehmen wird.

Das Kabinett billigte zudem eine Verordnung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Unternehmen dazu verpflichtet, Beschäftigten einen Coronatest pro Woche zur Verfügung zu stellen. Mit dem neuen Gesetz zum Infektionsschutz sollen die Maßnahmen der Notbremse automatisch gelten, wenn der Inzidenzwert von Neuinfektionen bei 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen auf über 100 steigt.

Nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ermöglicht die geplante Neuregelung ein „stringenteres und konsequenteres“ Vorgehen in der Pandemiebekämpfung. Sie diene dem „Ziel, unser ganzes Land aus dieser Phase der stetig steigenden Infektionszahlen, der sich füllenden Intensivstationen und der bestürzend hohen täglichen Zahl der Corona-Toten herauszuführen“, sagte die Kanzlerin weiter.

Die Maßnahmen der Notbremse gelten ab dem zweiten Tag nach Überschreiten der 100er-Inzidenz. Die nächtliche Ausgangssperre soll für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 05.00 Uhr morgens gelten. Es gibt nur wenige Ausnahmen, etwa für die Berufsausübung und die „Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum“, insbesondere Besuche beim Arzt oder dem Tierarzt in Notfällen. Auch die „Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts und die unaufschiebbare Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen“ zählen dazu.

Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum sind nach der Neuregelung zu allen Zeiten nur gestattet, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und ein weiterer Mensch einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen.

Öffnen dürfen im Zuge der Notbremse nur noch Geschäfte des Lebensmittelhandels, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Dabei müssen strenge Auflagen eingehalten werden.

Schüler und Lehrer müssen sich für die Teilnahme am Präsenzunterricht zweimal pro Woche testen lassen. Bei einem Inzidenzwert von über 200 gibt es keinen Präsenzunterricht mehr. 

Der Gesetzentwurf soll am Freitag erstmals im Bundestag beraten werden, und dort ebenso wie im Bundesrat kommende Woche beschlossen werden. Die Bundesregierung stuft es aber als nicht zustimmungspflichtig in der Länderkammer ein. Somit müsste der Bundesrat einen Einspruch beschließen, um das Gesetz aufzuhalten.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht nach eigenen Angaben davon aus, dass „an der einen oder anderen Stelle Verbesserungen einfließen werden. FDP-Chef Christian Lindner zog die Sinnhaftigkeit des Gesetzes grundsätzlich in Zweifel. „Dieses Bundesgesetz hätte man nicht gebraucht“, sagte er.

Ablehnung kam auch von den Linken. Mit ihr seien „Ausgangssperren nicht zu machen“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt unterstützte die Neuregelung dagegen grundsätzlich. Sie bezeichnete jedoch die von der Regierung geplante Regelung als „Notbehelf“, notwendig sei hingegen ein „bundesweiter Stufenplan“, der neben Schutzmaßnahmen auch Öffnungsperspektiven enthalte.

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