Steinmeier fordert „verständliche und pragmatische Regelungen“ in der Pandemie

Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundesregierung/Steffen Kugler
Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundesregierung/Steffen Kugler

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Verständnis für den Unmut vieler Bürger über die unklare Corona-Politik von Bund und Ländern geäußert. „So wie die Pandemie Ihnen viel abverlangt, so dürfen Sie auch viel von der Politik verlangen“, sagte er laut Redemanuskript in einer Fernsehansprache, die am Samstagabend ausgestrahlt werden soll. „Ihre Erwartung an die Regierenden ist klar: Rauft euch zusammen!“

Es gebe allerdings „nicht den einen Königsweg heraus aus der Pandemie“, fügte Steinmeier hinzu. Deshalb sei auch politischer Streit nötig. Dieser dürfe aber nicht zum „Selbstzweck“ werden.

„Bund oder Land, Partei oder Koalition, Umfragen rauf oder runter, das darf jetzt nicht die Hauptrolle spielen“, mahnte Steinmeier. „Wir brauchen Klarheit und Entschiedenheit, wir brauchen verständliche und pragmatische Regelungen, damit die Menschen Orientierung haben, damit dieses Land wieder das aus sich herausholen kann, was in ihm steckt.“

Steinmeier sprach von aktuell „zermürbenden Zeiten“. Es mache sich ein Gefühl von „Ohnmacht und Frust“ breit, „und so kommt zu den Sorgen über Gesundheit, Schule, Arbeit, Wirtschaft eine weitere Dimension hinzu: eine Krise des Vertrauens. Vor allem deshalb wende ich mich heute an Sie.“

Er verstehe „die Ungeduld, den Frust über die Rückschläge der vergangenen Monate“, versicherte Steinmeier. Es sei viel getan worden und auch viel gelungen. „Trotzdem: Es gab Fehler – beim Testen, beim Impfen, bei digitalen Lösungen.“ All dies werde eines Tages aufzuarbeiten sein.

„Jetzt aber sind wir mitten in der dritten Welle“, warnte Steinmeier. „Und jetzt braucht es alle Kraft von allen Seiten, um sie zu brechen.“ Die nächsten Wochen würden „noch einmal herbe Einschränkungen fordern“.

Der Appell an die Regierenden, sich zusammenzuraufen, sei insofern berechtigt, aber nicht ausreichend, führte der Bundespräsident aus. „Raufen wir uns alle zusammen, liebe Landsleute! Holen wir raus, was in uns steckt! Empören wir uns nicht nur über die anderen oder über die da oben. Zeigen wir doch nicht ständig, was nicht geht, sondern dass es geht, wenn alle ihren Teil tun.“

Steinmeier kritisierte zugleich eine zu einseitige Beurteilung der Lage. Vor einigen Monaten habe sich Deutschland schon als „Pandemie-Weltmeister“ sehen wollen. „Heute überbieten wir uns geradezu in Schwarzmalerei.“ Er frage sich, warum es in Deutschland „immer der Superlativ“ sein müsse – „himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt“.

„Die Wahrheit ist: Wir sind nicht Pandemie-Weltmeister, wir sind aber auch nicht Totalversager“, resümierte Steinmeier. „Sondern wir sind die Bundesrepublik Deutschland. Wir zweifeln viel, aber wir können auch viel! Und aufs Können, nicht aufs Zweifeln, kommt es jetzt an.“

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