Koalition beschließt weichere Ausgangssperre und strengere Regeln für Schulen

Bundestag - Bild: vinnikava via Twenty20
Bundestag - Bild: vinnikava via Twenty20

An der geplanten bundeseinheitlichen Corona-Notbremse gibt es auf den letzten Metern noch zahlreiche Änderungen. Der Gesundheitsausschuss des Bundestags beschloss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen am Montag unter anderem, die Ausgangssperre lockerer zu handhaben und den Präsenzunterricht in Schulen früher einzuschränken. Der Gesetzentwurf sei nunmehr „widerspruchsfrei und verfassungsfest“, befand der CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak. Der AfD sind die Pläne zu weitgehend, Linke und Grüne finden sie zu lasch.

Die Koalitionsfraktionen zurrten die Änderungen am Montagvormittag fest; am Nachmittag billigte sie der Gesundheitsausschuss. Union und SPD stimmten im Ausschuss dafür, Linke, FDP und AfD dagegen, die Grünen enthielten sich.

Die umstrittene nächtliche Ausgangssperre bei hohen Inzidenzen soll nunmehr erst um 22.00 Uhr statt 21.00 Uhr beginnen, wie aus dem Änderungsantrag hervorgeht, der am Montag der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Noch bis 24.00 Uhr wird demnach erlaubt, alleine zu joggen oder spazieren zu gehen.

Die Schwelle für das Ende des Präsenzunterrichts in Schulen wurde herabgesetzt. Schon ab einer Inzidenz von 100 soll Wechselunterricht vorgeschrieben werden, ab 165 ist nur noch Distanzunterricht erlaubt.

Zudem gibt es Erleichterungen für den Einzelhandel. Dieser soll – mit Ausnahme von Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkten – zwar bei einer Inzidenz von 100 schließen. Vorgesehen ist nun aber, auch bei höheren Inzidenzen Shoppen mit Termin sowie Abholung bestellter Waren zu erlauben.

Rechtsverordnungen des Bundes für zusätzliche Eindämmungsmaßnahmen sollen nur mit aktiver Zustimmung des Bundestags möglich sein. Explizit soll zudem die Bundesregierung ermächtigt werden, per Verordnung Erleichterungen für Geimpfte und Menschen mit negativem Corona-Test festzulegen.

„Wir haben das Infektionsschutzgesetz in den letzten Tagen widerspruchsfrei und verfassungsfest gemacht“, sagte der CDU-Rechtsexperte Luczak dem „Handelsblatt“. „Uns war wichtig, dass die Maßnahmen effektiv zur Pandemiebekämpfung beitragen und gleichzeitig von den Menschen akzeptiert und damit auch befolgt werden.“

Kritik kam von der Opposition. „Die Pläne der Bundesregierung sind kein ausreichender Damm gegen die dritte Welle. Die Notbremse wird zu spät und zu zögerlich gezogen“, sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe). „Schon unterhalb einer Inzidenz von 100 brauchen wir konsequentere Schutzmaßnahmen“.

Die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow sagte in Berlin, ihre Partei stehe zu der Idee einer bundeseinheitlichen Pandemiebekämpfung. Die Vorlage der Koalition sei aber „zu lasch und zu einseitig“. Insbesondere die Wirtschaft werde nicht genug herangezogen.

FDP-Fraktionsvize Katja Suding bezeichnete die vorgesehenen Schulschließungen als „völlig fatales Signal“ an Kinder und Eltern. „Mit Luftfiltergeräten, Masken und bestenfalls täglichen Tests kann sicherer Präsenzunterricht stattfinden“, befand sie.

AfD-Bundesvize Stephan Brandner erklärte, auch mit den Änderungen der Koalitionsfraktionen sei die Gesetzesvorlage „aus vollem Herzen abzulehnen“. Er monierte einen „massiven Angriff auf den Föderalismus“ und „inakzeptable Grundrechtseingriffe“, ohne allerdings Gegenvorschläge zu machen.

Die Bundes-Notbremse soll am Mittwoch vom Bundestag und am Donnerstag vom Bundesrat beschlossen werden. Derweil bleibt die Corona-Lage angespannt. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Montag auf 165,3. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte in Berlin, die dritte Welle habe Deutschland „fest im Griff“.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) mahnte eine rasche Verabschiedung an. „Wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren“, erklärte er. Die bundeseinheitliche Notbremse sei „dringend notwendig“, sie rette Menschenleben.

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