Auftragsstornierungen in letzter Minute oder einseitige Vertragsänderungen: Solche unfairen Praktiken im deutschen Lebensmittelhandel sollen bald der Vergangenheit angehören. Der Bundestag stimmte am Donnerstag einer entsprechenden Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes zu. Landwirte und Verbraucherschützer begrüßten die Neuregelung, aus der Opposition kam hingegen Kritik.
Das Gesetz sei „ein wichtiger Schritt für mehr Fairness im Lebensmittelmarkt“, erklärte der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. Viele Verbraucher wollten sich nachhaltig ernähren, Preisdruck sei nicht in ihrem Interesse. Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) wertete die Nachbesserung als „positives Signal“, wie Generalsekretär Bernhard Krüsken sagte.
Die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ursula Schulte, lobte die Stärkung der Marktposition von landwirtschaftlichen Betrieben und Landwirten. „Das ist nur gerecht, denn am Ende sind sie es, die unsere Lebensmittel produzieren, nicht Supermärkte.“
Aus der Union kam Kritik an den „großen Vier“ – den Supermarktketten Aldi, Lidl, Edeka und Rewe. Es sei ein Kampf zwischen „David und Goliath“, wenn sie den Erzeugern ihren „ruinösen Preiswettbewerb“ aufdrückten, sagte Fraktionsvize Gitta Connemann (CDU). „Deshalb bauen wir für sie einen Schutzwall.“
Den Grünen geht das Gesetz nicht weit genug. Sie forderten ein Verbot für zu niedrige Preise für Lebensmittel. Außerdem müsse unlauteres Handeln generell untersagt werden, nicht nur einzelne Praktiken, mahnte ihr agrarpolitischer Sprecher Friedrich Ostendorff.
Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Gero Hocker, kritisierte das Gesetz als „Augenwischerei“. Die Große Koalition versuche, ihre „für die Landwirte zermürbende Politik dem Lebensmitteleinzelhandel in die Schuhe zu schieben“. Die Situation der Landwirte könne nur durch eine Stärkung des Bundeskartellamts verbessert werden.
Das Gesetz dient der Umsetzung einer EU-Richtlinie, die erstmals einen EU-weiten Mindestschutzstandard für Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette vorsieht. Neben dem Verbot einiger unlauterer Handelspraktiken wird eine Ombudsstelle eingerichtet, an die sich die landwirtschaftlichen Betriebe bei unlauteren Praktiken wenden können.