Differenzen vor allem bei Verteidigung und Energiepolitik

Wahlen - Bild: Marco Verch/CC BY 2.0
Wahlen - Bild: Marco Verch/CC BY 2.0

Einen harten Schlagabtausch haben sich Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Armin Laschet bei ihrem ersten direkten Aufeinandertreffen am Donnerstag im Rahmen des WDR-Europaforums geliefert. Gemeinsam bekannten sich die Drei zu einer stärkeren Rolle Europas in der Sicherheitspolitik, bei der Zwei-Prozent-Quote der Nato für die Verteidigungsausgaben gingen die Meinungen jedoch weit auseinander. Besonders Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock lehnte die Vorgabe als „absurd“ ab.

Sie betonte, die Ausgaben für Verteidigungspolitik müssten sich an den Sicherheitserfordernissen orientieren, nicht am Anteil der Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP). „Wenn das BIP sinkt, dann steigt die Quote, bei einem Aufschwung entfernen wir uns von hier“, äußerte sich auch SPD-Kanzlerkandidat Scholz dazu skeptisch. Dagegen pochte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet darauf, am Bekenntnis zu dem Zwei-Prozent-Ziel strikt festzuhalten. „Diese Aussage steht“, hob er hervor.

Baerbock bekräftigte auch die Forderung nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Allerdings könnten diese „nicht einfach verschwinden“, sondern es müsse darüber im Rahmen der ohnehin anstehenden internationalen Abrüstungsverhandlungen beraten werden, auch unter Einbeziehung der Interessen der osteuropäischen Staaten. Laschet äußerte Zweifel, ob diese einen solchen Abzug befürworten würden.

Eine Allianz von Laschet und Scholz gab es für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2. „Ich stehe zu dem Projekt und halte es für richtig“, sagte Laschet. Auch Scholz betonte, die Pipeline leiste einen „Beitrag zur Energiesicherheit in Deutschland“, die Interessen der Ukraine seien durch Vereinbarungen über den Gastransfer dort gesichert worden. Dies bezweifelte wiederum Baerbock. Sie wies darauf hin, die Vereinbarungen zur Ukraine seien zeitlich befristet und nicht nur die USA, sondern auch andere Staaten lehnten Nord Stream 2 ab. „Deutschland steht hier komplett gegen alle anderen Europäer“, sagte die Grünen-Politikerin.

Einig war sich die Dreier-Runde darin, dass in der EU vom Einstimmigkeitsprinzip abgerückt werden sollte. In den Bereichen, wo dies bereits geschehen sei, habe dies „riesengroße Sprünge“ nach vorn ermöglicht, argumentierte Baerbock etwa mit Blick auf die Klima- und Umweltpolitik. Es müsse eine Verständigung geben, „dass wir von dem Einstimmigkeitsprinzip wegkommen“, sagte auch Scholz. Laschet äußerte sich etwas vorsichtiger, plädierte aber ebenfalls für entsprechende Änderungen der europäischen Verträge.

In der Klimapolitik bekannten sich Scholz und Laschet zu den geplanten Verschärfungen der deutschen Emissionsziele im neuen Klimaschutzgesetz, wobei der SPD-Kanzlerkandidat betonte, diese seien nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts besonders auf Drängen seiner Partei zustande gekommen. Zudem müsse es jetzt zügig mehr Ökostrom geben.

Baerbock stellte daraufhin die Frage, warum Deutschland etwa bei Elektroautos, Wind- und Solarstrom so weit zurückliege, „wenn es hier so viele Klimaschützer gibt“. Sie drängte konkret auf eine Verdopplung der Ausbaumenge für erneuerbare Energien, wozu Union und SPD bislang nicht bereit seien, auf ein Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor ab 2030 und erneut möglichst auf einen Abschied von Kurzstreckenflügen.

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