UN-Menschenrechtsrat will Verstöße in Nahost seit April untersuchen

Symbolbild: Gebäude der Vereinten Nationen mit Flaggen

Angesichts der jüngsten Gewalteskalation in Nahost will der UN-Menschenrechtsrat mögliche Menschenrechtsverletzungen in Israel und den Palästinensergebieten ermitteln. Das Gremium kündigte am Donnerstag eine internationale Untersuchung von Verstößen seit April an. Die Resolution wurde auf einer Sondersitzung des Rates in Genf beschlossen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete den Schritt als „beschämende Entscheidung“. Die radikalislamische Hamas begrüßte die angekündigte Untersuchung.

Nach Angaben des Menschenrechtsrats sollen auch „systematische“ Übergriffe sowie die Ursachen der Spannungen in den palästinensischen Gebieten und in Israel untersucht werden, die zu der jüngsten Gewalteskalation führten. Der Beschluss wurde mit 24 Ja-Stimmen, neun Nein-Stimmen und 14 Enthaltungen angenommen. Die Sitzung war von Pakistan und den palästinensischen Vertretern einberufen worden.

Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bezeichnete die israelischen Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen bei dem Treffen als mögliche Kriegsverbrechen. Sollte sich herausstellen, dass die Bombardements „wahllos und unverhältnismäßig“ gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen gerichtet waren, „dann würden solche Angriffe Kriegsverbrechen darstellen“, sagte Bachelet. Sie habe keine Belege dafür gesehen, dass es sich bei den attackierten Gebäuden im Gazastreifen hauptsächlich um militärische Ziele gehandelt habe.

Die israelische Offensive habe zu vielen zivilen Opfern und zu einer massiven Beschädigung von Regierungsgebäuden, medizinischen Einrichtungen, Wohnhäusern und Büros humanitärer Organisationen geführt, sagte Bachelet. Die UN-Menschenrechtskommissarin verurteilte zugleich die Angriffe der Hamas auf Israel, die ohne Unterscheidung zwischen militärischen Zielen und Zivilisten verübt worden seien. Somit handele es sich um einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht.

Diese „beschämende Entscheidung“ sei „ein weiteres Beispiel für die unverhohlene Anti-Israel-Besessenheit des UN-Menschenrechtsrates“, erklärte Israels Ministerpräsident Netanjahu. Der Schritt ermutige „Terroristen in aller Welt“. Israels UN-Botschafterin in Genf, Meirav Eilon Shahar, warf der Hamas vor, „diesen Konflikt initiiert zu haben“. Israel habe „alles getan, um die Spannungen zu entschärfen“.

Die palästinensischen Behörden begrüßten indessen die Entscheidung des Menschenrechtsrats, die „den Schutz der palästinensischen Menschenrechte“ voranbringe. Auch die Hamas zeigte sich erfreut über eine Untersuchung zu „israelischen Übergriffen in den palästinensischen Gebieten“.

Die angespannte Lage in Nahost war in den vergangenen Wochen erneut eskaliert. Bei massiven bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Israel und den militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen waren dutzende Menschen getötet worden. Vor einer Woche einigten sich beide Seiten schließlich auf eine Waffenruhe. Einer der Auslöser der Eskalation war die drohende Zwangsräumung palästinensischer Wohnungen in Ost-Jerusalem.

Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden bei dem jüngsten Konflikt 254 Palästinenser durch israelische Angriffe getötet, darunter 66 Kinder. In Israel starben durch Raketen aus dem Gazastreifen nach Angaben der Polizei zwölf Menschen, darunter ein Kind und ein Teenager.

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