Im Ringen um das staatliche Rettungspaket für die Lufthansa hat Konzernchef Carsten Spohr zu Beginn der Hauptversammlung bei den Aktionären eindringlich um Zustimmung für die Finanzhilfe geworben. Das Unternehmen sei in der Corona-Krise „angewiesen“ auf die Unterstützung des Bundes, sagte Spohr am Donnerstag. Andernfalls drohe bald die Zahlungsunfähigkeit. Schützenhilfe kam aus der Politik: Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) rief die Aktionäre auf, dem neun Milliarden Euro schweren Rettungspaket zuzustimmen. Die EU-Kommission hatte für dieses kurz zuvor grünes Licht gegeben.
Die benötigten Hilfen hätte die Lufthansa in der Kürze der Zeit nicht unabhängig vom Staat auf dem Kapitalmarkt auftreiben können, sagte Spohr bei der Hauptversammlung. Diese wurde wegen der Pandemie übers Internet abgehalten. Auch Aufsichtsrats-Chef Karl-Ludwig Kley forderte die Aktionäre auf, den Hilfen zuzustimmen. „Wir haben kein Geld mehr. Bis heute leben wir von den Reserven, die wir in guten Jahren zurückgelegt haben.“
Zwar habe auch der Aufsichtsrat Bedenken bei einigen Punkten, führte Kley aus. Allerdings diene der umstrittene Einstieg des Staats nur der Stabilisierung der Lufthansa und sei lediglich vorübergehend. Der Bund werde nicht in die Geschäfte eingreifen, versicherte Kley. Mehr habe der Vorstand um Spohr bei den Gesprächen mit der Bundesregierung nicht durchsetzen können.
Finanzminister Scholz erklärte vor Beginn der Hauptversammlung, es liege „ein gutes Angebot auf dem Tisch, die Lufthansa-Aktionäre sollten es annehmen“. Der Bund biete der Lufthansa und ihren mehr als 100.000 Beschäftigten Unterstützung an, in einer beispiellosen Notlage, die das Unternehmen unverschuldet getroffen habe.
Die Zustimmung der Aktionärsversammlung hatte tagelang als ungewiss gegolten. Der Großinvestor Heinz Hermann Thiele kündigte erst am Mittwochabend nach langem Zögern sein Ja zu dem Hilfsprogramm an. Gegen seinen Widerstand wäre der Einstieg des Staates bei der Lufthansa nicht möglich gewesen. Er stieß sich vor allem an der vorgesehenen Beteiligung der Bundesregierung im Umfang von 20 Prozent und wollte den Rettungsplan für die angeschlagene Fluggesellschaft nachverhandeln.
Die EU-Kommission erteilte kurz vor Beginn der Hauptversammlung ihre Zustimmung zu dem Rettungspaket. Die Hilfen sind an eine Reihe von Bedingungen geknüpft, darunter die Abgabe von Start- und Landerechten an Konkurrenten in Frankfurt und München, aber auch ein Verbot der Zahlung von Dividenden und die Beschränkung der Übernahme von Wettbewerbern.
Die Lufthansa verbucht wegen der Corona-Pandemie massive Umsatzrückgänge, bei dem Konzern sind tausende Arbeitsplätze in Gefahr. Das Unternehmen und die Bundesregierung hatten sich deshalb auf ein neun Milliarden Euro schweres Stützungsprogramm geeinigt.
Es sieht einen vorübergehenden Einstieg des Staates mit 20 Prozent bei dem Konzern vor. Der Anteil kann gegebenenfalls auch auf 25 Prozent plus eine Aktie ausgebaut werden, um etwa Übernahmen der Kranich-Linie zu verhindern.