Fünf Jahre zwischen Euphorie, Streit und Hass: Deutschland und die Flüchtlinge

Symbolbild: Flüchtlinge auf einem Boot
Symbolbild: Flüchtlinge auf einem Boot

Vor fünf Jahren, am 31. August 2015, sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Satz für die Geschichtsbücher: „Wir schaffen das“, sagte sie in Bezug auf die große Zahl eintreffender Flüchtlinge in Deutschland auf ihrer Sommerpressekonferenz. In der Folgezeit waren Fragen der Migration und Integration immer wieder im Fokus der deutschen Politik und Gesellschaft – und auch heute wird weiter gestritten.

2015

Immer mehr Flüchtlinge, insbesondere aus Syrien, kommen über die so genannte Balkan-Route nach Europa. Mitte Juni schließt EU-Mitglied Ungarn seine Grenze zum Nicht-EU-Land Serbien und beginnt mit dem Bau eines Grenzzauns. Viele Flüchtlinge versuchen, schnell noch in die EU zu kommen.

Im August setzt das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (Bamf) für syrische Flüchtlinge das Dublin-Verfahren aus, wonach Asylsuchende in dem Land ihren Antrag stellen müssen, in dem sie als erstes die EU betreten. Durch die Aussetzung können Neuankömmlinge etwa aus Ungarn in Deutschland bleiben.

Die ungarische Polizei lässt zahlreiche Flüchtlinge unregistriert durchreisen. Allein am ersten September-Wochenende nimmt Deutschland mehr als 10.000 Flüchtlinge auf. Am Münchner Hauptbahnhof werdend sie mit Applaus und empfangen.

Wenig später führt Deutschland Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich wieder ein. Zeitweise verliert die Bundesregierung den Überblick über die Zahl der Flüchtlinge im Land; Kommunen sehen sich mit der Versorgung überfordert. Merkel gerät wegen der Ereignisse zunehmend unter Druck. Die Asylgesetzgebung wird verschärft. Die Ereignisse befeuern auch Rassismus: 2015 zählt das Bundeskriminalamt mehr als 1000 Angriffe auf Asylunterkünfte.

2016

In der Silvesternacht verüben zahlreiche Männer in Köln sexuelle Übergriffe auf Frauen. Bei vielen Verdächtigen handelt es sich um Flüchtlinge. Dies versucht unter anderem die rechtspopulistische AfD für sich auszunutzen – in der Folge erzielt sie bei Landtagswahlen Rekordergebnisse.

Im März schließen die EU und die Türkei einen Deal: Ankara nimmt alle Flüchtlinge auf, die neu auf den griechischen Inseln ankommen. Für jeden abgeschobenen Syrer wird ein anderer Syrer, der schon in der Türkei ist, von den EU-Staaten aufgenommen. Die Türkei erhält unter anderem mehr EU-Hilfsgelder. Die Umsetzung des Deals sorgt immer wieder für Streit.

Zoff gibt es auch zwischen CDU und CSU – Letztere verlangt strengere Regeln in der Flüchtlingspolitik, unter anderem eine Obergrenze für Neuaufnahmen, was Merkel ablehnt. Im November bleibt sie erstmals dem CSU-Parteitag fern.

2017

Im Mai verabschiedet der Bundestag eine weitere Gesetzesverschärfung. Abschiebungen sollen erleichtert werden, außerdem bekommt das Bamf das Recht, Mobiltelefone von Asylbewerbern in bestimmten Fällen auszuwerten.

Der Umgang mit Flüchtlingen ist ein großes Thema im Bundestagswahlkampf. Die Union ringt lange um eine gemeinsame Linie. Die AfD wird mit 12,6 Prozent drittstärkste Kraft.

2018

Im Sommer kulminiert der Konflikt zwischen CDU und CSU. CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer bietet sogar seinen Rücktritt an. Letztlich einigt er sich doch noch mit Merkel.

Parallel verständigt sich die EU auf einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik. Wanderungsbewegungen von Flüchtlingen innerhalb der EU sollen möglichst verhindert werden. Deutschland handelt mit einzelnen EU-Ländern Rücknahmeabkommen für dort bereits registrierte Flüchtlinge aus.

2019

Im Sommer verabschiedet die große Koalition ein Migrationspaket. Es sieht unter anderem neue Regeln für die Fachkräftezuwanderung vor und soll erneut Abschiebungen erleichtern. 

2020

Fünf Jahre nach dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs ziehen viele Organisatoren eine positive Bilanz im Hinblick auf die Integration, insbesondere auf dem Arbeitsmark. Gleichwohl gebe es noch einiges zu tun, etwa zur Unterstützung geflüchteter Frauen. Für politischen Streit sogt das Thema weiterhin. 

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