Im Portrait: Mit 65 Jahren ist Helge Schneider auf Tour mit seinem jüngsten Sohn

Helge Schneider im Interview - Bild: Lesekreis / CC BY-SA
Helge Schneider im Interview - Bild: Lesekreis / CC BY-SA

Bald fließt bei Helge Schneider die Rente, aber das Aufhören kann er sich nach eigenen Worten nicht leisten. „Ich habe schulpflichtige Kinder und jede Menge Garagen gemietet, in denen ich meine Lichtanlage und das ganze andere Zeug lagere“, erzählte Schneider, der am Sonntag 65 Jahre alt wird, vor einigen Monaten der Straßenzeitung „fiftyfifty“. Aber vermutlich hat das künstlerische Unikat auch schlicht weiter zu viel Lust an der Arbeit.

Nachdem Schneider zu Beginn der Coronakrise noch angekündigt hatte, erst wieder auftreten zu wollen, wenn alles normal ist, steht er doch wieder auf der Bühne. „Helge spielt nur für Dich!“ heißt die in der vergangenen Woche gestartete Tour, auf die ihn bis Ende September zum ersten Mal sein zehn Jahre alter Sohn Charly als Schlagzeuger begleitet.

Charly sage, er spiele nur Jazz und nur mit dem Papa. „Während ich noch alles aufbaue, sitzt er dann da mit unserem Gitarristen, der ist 37, und die beiden spielen Mau-Mau – ich denke, das ist das Leben“, erzählte der Musiker kürzlich der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Schneider hat sechs Kinder von vier verschiedenen Frauen, er ist schon mehrfacher Großvater. Vielleicht erklärt das Verhältnis zu seinem jüngsten Kind das einzigartige Phänomen Helge Schneider. „Ich achte darauf, ihm am Schlagzeug möglichst nichts beizubringen“, sagt Schneider. Was jeden Musiklehrer vermutlich auf die Palme bringt, ist für den genialen Improvisateur Konzept: „Fantasie und Freiheit, das sind meine beiden Achsen.“ 

Schneider kam am 30. August 1955 in Mülheim an der Ruhr zur Welt. Mit gerade 17 Jahren zog er bei seinen Eltern – die Mutter war Sekretärin, der Vater Monteur – aus. Der Auszug in jungen Jahren sei damals Mode gewesen. Leicht waren die Anfänge aber nicht. Schneider brach eine Lehre ab, arbeitete dann als Tagelöhner etwa auf dem Bau. „Eigentlich hatte ich jahrelang Angst, nicht genug Geld zu haben für Miete, Essen und sonstwas“, erzählte er „fiftyfifty“.

Parallel arbeitete er als Straßenmusiker. Ein Klavierstudium am Konservatorium brach er ab. Früh nahm Schneider Drogen – doch er bekam aus eigener Kraft die Wende hin. Ab Ende der 80er Jahre wurde er als „singende Herrentorte“ aus dem Ruhrgebiet immer populärer.

Mitte der 80er Jahre kam er mit einer Hauptrolle in dem Streifen „Johnny Flash“ auch zum Film. Den endgültigen Durchbruch schaffte Schneider in den 90er Jahren. Sein 1992 erschienenes Album „Guten Tach“ wurde der erste Massenerfolg. 1994 durfte er zu „Wetten, dass..?“ und dort das längst zum Helge-Schneider-Klassiker gewordene Lied „Katzeklo“ präsentieren. Zu dieser Zeit hatte er zudem mit seiner Billig-Kinoproduktion „Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem“ einen überraschenden Millionenerfolg.

Der anarchistische, teils dadaistische Humor Schneiders war in dieser Intensität damals neu. Die Leute würden immer sagen, er mache aus Scheiße Geld, sagt Schneider. Doch er sieht das anders. „Ich bin harter Arbeiter.“

Allerdings kokettiert Schneider auch gern mit seinem Improvisationstalent, das seine Erfolge so aussehen lässt, als wären sie aus dem Ärmel geschüttelt. Sein dieser Tage erschienenes neues Album „Mama“ hat er nach eigenen Worten in zwei Wochen geschrieben und aufgenommen. 

In den Texten des Albums will er Kritik an der neuen Form des sozialen Zusammenlebens ausdrücken, wie er „Der Zeit“ etwas hochtrabend sagte. Doch die Fans müssen keine Sorgen haben, Schneider macht dies auf seine Art: „Ich setz‘ mein Herz bei Ebay rein, dann bin ich nicht mehr so allein“, heißt etwa eine seiner Zeilen.

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