Corona-Krise und Strukturwandel stellen Autobranche vor große Herausforderungen

Autoindustrie - Bild: REUTERS/Kai Pfaffenbach/File Photo

In ihrer Videokonferenz am Dienstagabend dürften Vertretern der Autokonzerne und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht die Gesprächsthemen ausgehen: Laut der Präsidentin des Branchenverbands VDA, Hildegard Müller, soll es beim erneuten Autogipfel hauptsächlich um Technologie- und Zukunftsthemen gehen. Doch neben der größten Transformation ihrer Geschichte treiben die Corona-geplagte Autoindustrie auch die eingebrochenen Absatzzahlen um.

PANDEMIE UND AUTOMARKT

In erster Linie waren die deutschen Autobauer und ihre Zulieferer wie zahlreiche andere Industrieunternehmen direkt und deutlich von der Corona-Pandemie betroffen: Die vorübergehende Schließung von Werken und Autohändlern scheint – zumindest derzeit – eine Ausnahmeerscheinung gewesen und überwunden zu sein. Kurzarbeit und Stellenstreichungen sind aber teilweise noch bittere Realität.

Den deutlichsten und wohl nachhaltigsten Dämpfer in der Corona-Krise spürt die Branche auf dem nach wie vor schwachen Automarkt. Im August zählte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) rund 251.000 Pkw-Neuzulassungen und damit 20 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. 1,8 Millionen zugelassene Neuwagen von Januar bis August bedeuten laut VDA ein Minus von 29 Prozent im Jahresvergleich. Die Produktion ging um 36 Prozent auf insgesamt zwei Millionen Pkw zurück. Für das Gesamtjahr rechnet die Beratungsgesellschaft EY mit einem Rückgang der Neuzulassungen um ein Viertel.

NACHFRAGE UND ELEKTROPRÄMIE

Die Nachfrage der Verbraucher ist noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt. Daran ändert auch die herabgesetzte Mehrwertsteuer wenig. Einzig der Markt für Elektroautos boomt weiter als gäbe es kein Corona-Problem – vor allem wegen der staatlichen Innovationsprämie. Der Bonus von bis zu 6000 Euro für Vollstromer und 4500 Euro für Plug-in-Modelle – zusätzlich zum Herstelleranteil – macht die E-Autos preislich attraktiv wie nie. 

Vollelektrisch betriebene Fahrzeuge und Plug-in-Hybride erreichten laut KBA im August mit insgesamt knapp 33.200 Neuzulassungen einen Rekord-Marktanteil von gut 13 Prozent. Das Bundeswirtschaftsministerium hofft auf weiter steigenden Zuspruch. „Dank enormer Rabatte“ rechnet EY für den Rest des Jahres weiter mit monatlichen Zuwächsen im Bereich um 300 Prozent. Doch dann läuft die verdoppelte Prämie nach jetzigem Stand aus. Eine entsprechende Prämie für moderne Verbrenner steht seit einem erneuten CSU-Vorstoß zumindest als Forderung wieder im Raum – auch wenn Merkel hier keine Gesprächsbereitschaft signalisiert hatte.

STRUKTURPROBLEME UND TRANSFORMATION

Die Krise der Autobranche habe „schon lange vor Corona eingesetzt“, sagte der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), Gabriel Felbermayr, am Montag dem „Handelsblatt“. Sie sei „struktureller, nicht konjunktureller Natur“. Tatsächlich sind die Herausforderungen für die Branche durch den gesellschaftlich und politisch anvisierten Wandel hin zur elektrischen und vernetzten Mobilität ebensowenig neu wie die Debatte darüber.

Während sich die Branche gerade in der Corona-Krise zusätzliche Bundeshilfen und ein Entgegenkommen beispielsweise bei Schadstoffgrenzwerten wünscht, halten manche Ökonomen und vor allem Umweltschützer die Krise in weiten Teilen für hausgemacht. „Nur durch ein konsequentes Umschwenken in Richtung kleiner, sparsamer und effizienter Fahrzeuge werden die deutschen Autobauer auch in den nächsten Jahrzehnten bestehen können“, erklärte der Verkehrsexperte des Umweltverbands BUND, Jens Hilgenberg.

DEBATTE UM ZULIEFERER

Im Vorfeld des Autogipfels rückten die kleineren Zulieferer der finanzstarken Autobauer in den Fokus: Die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie, die nach eigenen Angaben 9000 vornehmlich mittelständische Zulieferer vertritt, forderte die Bundesregierung am Montag zu „einer zügigen Erweiterung der Kaufanreize“ auf und warnte vor Personalkürzungen. In Berlin waren zuletzt auch Forderungen nach einem Staatseinstieg bei in Not geratenen Zulieferern laut geworden. 

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