Flüchtlingen über die Kleidung ihre Würde zurückgeben

Symbolbild: Flüchtlinge
Symbolbild: Flüchtlinge

Jérôme Baku wohnt in einem Aufnahmezentrum für Migranten in der Pariser Vorstadt und kämpft um seine Anerkennung als Flüchtling. Gleichzeitig bewegt er sich auf Modenschauen und ist für viele ein Vorbild. Denn Baku entwirft Mode für Migranten: Mit farbenfrohen Designs und Stoffen aus Afrika will der kongolesische Asylbewerber Flüchtlingen ihre Würde zurückgeben.

In einem von der Heilsarmee betriebenen Tagesheim hat der 29-Jährige aus der Demokratischen Republik Kongo seit einigen Monaten eine Nähmaschine aufgestellt. An einem Dienstag im September kommen etwa 15 Flüchtlinge, zum Großteil Afghanen: „Stil und Aussehen sind wichtig“, betont Baku, der selbst graue Baskenmütze, senffarbenen Pullover und Schultertasche in Bananenform trägt. „Hier können sie wählen. Ich sage ihnen, dass man nicht zeigen sollte, dass man keine Papiere hat (…). Man sollte stolz seinen Weg gehen, um nicht diskriminiert zu werden.“

Bakus Angebot ist einfach: Die Migranten wählen ein einfarbiges T-Shirt und einen so genannten Wax, einen gewachsten Baumwollstoff mit afrikanischem Muster. Dann können sie aus 20 von Baku entworfenen Modellen wählen, und danach fertigt er ein maßgeschneidertes T-Shirt an. „Ich möchte (…) die Art und Weise ändern, wie man Immigranten wahrnimmt“, sagt er. „Wir geben uns gegenseitig Mut, da wir in der gleichen Lage sind.“

„Es ist toll, dass es so schön ist. Und vor allem, dass wir hier bei ihm sind zum Lernen“, schwärmt der 21-jährige Pakistaner Mohammad Harun, dem vor kurzem in einem Lager alle Habseligkeiten gestohlen wurden. „Ich sehe ihn nicht als Asylbewerber, sondern als Inspiration.“ Dann geht er, wie die anderen, mit einem neuen T-Shirt, einem Lächeln auf den Lippen und nach oben gerecktem Daumen.  

Baku trage dazu bei, dass man „einen komplizierten Alltag vergessen kann“, erklärt Tagesheim-Leiter Jérémy Barthez. Es sei auch eine Chance für die Migranten, „zu erleben, dass andere in der gleichen verwaltungsrechtlichen Lage zurechtkommen, eine Passion entwickeln und daraus einen Beruf machen“.

Baku hat seine Leidenschaft fürs Schneidern erst spät entdeckt. Er studierte Schöne Künste in Kinshasa, arbeitete als Bildhauer, wurde aber nach eigenen Worten politisch verfolgt und floh nach Angola und schließlich nach Frankreich. „Als Asylbewerber ist es wirklich schwierig, etwas zu designen. Ich komme voran, weiß aber im tiefsten Inneren, dass ich keine Aufenthaltspapiere habe“, klagt der 29-Jährige. „Das schränkt mich ein.“

Seine Berufung fand Baku in einem Künstleratelier für Exilanten. Dessen Gründerin Judith Depaule erinnert sich, wie er kurz nach seiner Ankunft in Frankreich an ihre Tür klopfte. „Sofort war er bei einem riesigen Auftrag dabei“, erinnert sie sich – als Designer für eine Modenschau Anfang 2019 im Palais de la Porte Dorée in Paris. „Künstler im Exil sind die besten Mediatoren für Migranten“, erklärt Depaule. „Weil sie den gleichen Hintergrund, die gleiche Geschichte haben.“

Baku erklärt bei einem Rundgang durch das Atelier: „Hier sieht man mich nicht als Asylbewerber. Hier bin ich ganz einfach Künstler.“ Zurzeit entwickelt er ein neues Projekt: Er möchte mit anderen Künstlern von Afrika erzählen und „von denen, die dort keine Stimme haben“.

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