Im Vorfeld der am Montag erstmals tagenden Zukunftskommission Landwirtschaft hat Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) dafür geworben, den Bauern eine langfristige Perspektive für die kommenden Jahrzehnte zu verschaffen. Ihr gehe es um eine „gute Zukunft“ für die Landwirtschaft, damit sich die junge Generation „auch noch in zwanzig oder fünfzig Jahren für die Arbeit auf dem Acker und im Stall begeistert“, sagte Klöckner dem „Tagesspiegel“. Umweltverbände setzen in die Kommission indes große Hoffnungen auf einen nachhaltigen Wandel der Landwirtschaft.
Die Anfang Juli eingesetzte Zukunftskommission tagt am Montag zum ersten Mal und soll Wege aufzeigen, wie die Landwirtschaft besser mit ökologischen und sozialen Interessen in Einklang gebracht werden kann – und die Lebensmittelproduktion in Deutschland gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig bleibt.
Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Agrarministerin Klöckner und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sitzen auch Vertreter aus Landwirtschaft und Handel, Wissenschaft, Verbraucherschutz sowie von Tier- und Umweltschutzverbänden in dem Gremium. Im Herbst soll ein Zwischenbericht mit ersten Empfehlungen vorgelegt werden, im Sommer 2021 dann ein Abschlussbericht.
Klöckner sagte dem „Tagesspiegel“ (Montagsausgabe), sie wolle bei den Verbrauchern wieder „mehr Wertschätzung und Anerkennung“ für die Leistungen der Landwirtschaft erreichen. „Damit es zu einem Ausgleich der Interessen kommt, müssen sich Landwirtschaft und Gesellschaft respektvoll begegnen“, sagte die Ministerin der Zeitung.
Die Umweltschutzorganisation BUND sieht die Zukunftskommission als „große Chance“. Ziel müsse es sein, einen „Ausgleich zwischen den Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe und den gestiegenen gesellschaftlichen Anforderungen zu erreichen“, erklärte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt am Sonntag.
Bandt äußerte zugleich Verständnis für die Sorgen vieler Landwirte, die sich in den vergangenen Monaten auch immer wieder in Protesten entladen hatten. „Die Anforderungen an die landwirtschaftlichen Betriebe – beispielsweise im Tierschutz, Klimaschutz oder Umweltschutz – steigen kontinuierlich“, erklärte er.
Ein großer Teil der landwirtschaftlichen Betriebe sei dabei „sehr offen“ für diese großen Herausforderungen. „Viele sehen sich aber zum Beispiel durch zu geringe Erzeugerpreise nicht in der Lage, diesen Anliegen nachzukommen.“ Aus Sicht des BUND verstärkt unter anderem „die Marktmacht des Handels“ diesen Effekt zum Nachteil der Bauern. Nötig sei zudem mehr Unterstützung durch die Politik für die Landwirte.
Als Folge der bisherigen Agrarpolitik gebe es ein „massives Höfesterben“, einen Imageverlust der Landwirtschaft und hohen Konkurrenzdruck am Weltmarkt, warnte Bandt. Deshalb müsse die bisherige Agrarpolitik, die auf Agrarexporte, Produktion günstiger Agrarrohstoffe und eine immer intensivere Landbewirtschaftung setze, „grundsätzlich hinterfragt werden“. Zugleich müsse der Wandel zu „fairen Erzeugerpreisen führen und die gesellschaftlichen Erwartungen mit berücksichtigen“.
Der WWF erklärte, neben mehr Klima-, Umwelt und Tierschutz müsse die Kommission auch den Weg für eine „ökonomisch tragfähige Landwirtschaft“ ebnen. WWF-Naturschutzvorstand Christoph Heinrich, der auch Mitglied der Zukunftskommission ist, forderte, die Landwirtschaft müsse den Bauern „ein gutes Auskommen sichern, gesunde Lebensmittel produzieren und Wasser, Böden und Klima sowie Artenvielfalt besser schützen“ – dann handle sie „im Interesse der gesamten Gesellschaft“.