Angesichts neuer Forderungen der CSU nach einer Auto-Kaufprämie hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert. Merkel müsse die Diskussion beim Autogipfel am heutigen Dienstag mit einem „Basta“ beenden, sagte die vzbv-Expertin Marion Jungbluth. Auch Politiker anderer Parteien und Wirtschaftsexperten stellten sich gegen den CSU-Vorstoß.
Statt Kaufprämien zu fordern, solle Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sich besser „auf die Zukunftsthemen fokussieren“ und die Modernisierung der Autobranche vorantreiben, mahnte Jungbluth im „Handelsblatt“. Die Corona-Krise dürfe „nicht als Ausrede für den Ruf nach weiteren Steuergeldern herhalten“. Außerdem verstärke die neue Debatte über Kaufprämien nur die Zurückhaltung der Verbraucher und schade somit der Industrie, statt ihr zu nützen.
Für den Auto-Gipfel kommen am Abend Regierungs- und Branchenvertreter zu einer Videokonferenz zusammen. Die Autobauer und ihre Zulieferer erhoffen sich zusätzliche Unterstützung des Bundes zur Bewältigung von durch die Corona-Krise verschärften Absatzeinbrüchen.
Scheuer sagte vorab im Deutschlandfunk, es gehe um eine „deutsche Schlüsseltechnologie und daran hängen viele, viele Arbeitsplätze“. Die höheren Prämien für Elektroautos seien zwar „positiv“, aber „es darf auch kein Tabuthema Verbrennungsmotor geben“. Wenn der Autoabsatz weiterhin schwach bleibe, sei eine Entscheidung für eine Kaufprämie „noch in diesem Jahr“ nötig, verlangte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Wir müssen etwas tun, um am Ende viele Arbeitsplätze und tatsächlich einen Kernbereich unserer Industrie zu unterstützen“, sagte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im ZDF-„Morgenmagazin“.
Zur Unterstützung der Automobilindustrie brauche es „neue und nicht alte Rezepte“, sagte dagegen Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) der „Rheinischen Post“. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bekräftige im Redaktionsnetzwerk Deutschland seine Forderung nach einem „teilstaatlichen Beteiligungsfonds“ für notleidende Unternehmen der Autobranche sowie nach Anreizen für deren „zukunftsfähige Transformation“. Einen „staatlich unterstützten Fonds unter der Schirmherrschaft der Gewerkschaften“ forderte auch der Linken-Wirtschaftsexperte Alexander Ulrich.
„Die CSU-Forderungen nach wirkungslosen Kaufprämien einerseits und die SPD-Träumereien von teilstaatlichen Beteiligungsfonds in Unternehmen andererseits sind eine gefährliche Kombination für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie“, wandte sich FDP-Fraktionsvize Frank Sitta gegen „Subventionen und Staatswirtschaft“. Statt neuer Diskussionen über Kaufprämien solle die Bundesregierung lieber für eine bessere Ladeinfrastruktur für Elektroautos sorgen, verlangte der Grünen-Politiker Cem Özdemir.
Gegen Kaufprämien für Autos mit Verbrennungsmotor wandte sich die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. Diese wären „ökonomisch falsch“, unterstützt werden solle vielmehr „der Strukturwandel hin zu Autos, die nicht auf fossile Brennstoffe angewiesen sind“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Fridays-for-Future-Sprecherin Luisa Neubauer schrieb im Internetdienst Twitter zu Scheuer: „Man möchte denken, es ist einfach alles nur ein schlechter Scherz.“ Der Umweltverband Nabu nannte es „unfassbar“, dass nun noch einmal versucht werde, Steuergelder für die Förderung von Verbrennungsmotoren lockerzumachen. Das Netzwerk Campact verwies auf eine Umfrage des Instituts Civey, wonach 73,1 Prozent der Deutschen neue Auto-Kaufprämien ablehnen. Greenpeace-Aktivisten demonstrierten anlässlich des Autogipfels vor dem Kanzleramt für eine schnellere Verkehrswende und ein verbindliches Ausstiegsdatum für Autos mit Verbrennungsmotor.