Polnische Regierung in Streit um Tierschutzgesetz vor dem Kollaps

Symbolbild: Nerz

Die polnische Regierung steht wegen des Streits um ein Tierschutzgesetz vor dem Kollaps. Nachdem zwei kleinere Koalitionsparteien bei der Abstimmung im Parlament der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Gefolgschaft verweigerten, brachte ein Regierungssprecher am Freitag vorgezogene Neuwahlen ins Gespräch. „Alles ist nun möglich – eine Minderheitsregierung oder vorgezogene Wahlen“, sagte Piotr Muller lokalen Medien. 

Bei der Abstimmung am frühen Freitagmorgen verweigerten die kleineren Koalitionsparteien Verständigung und Solidarisches Polen dem von der Regierung geplanten Tierschutzgesetz die Unterstützung. Dies erzürnte den mächtigen PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, der für seine Katzenliebe bekannt ist und als starker Mann der Regierung gilt. 

Vor der Abstimmung hatte Kaczynski gedroht, dass er entweder Neuwahlen einberufen oder eine Kabinettsumbildung veranlassen und die beiden Juniorpartner dabei von allen Ministerposten ausschließen werde, sollten sich diese gegen die Position der PiS stellen.

Nach Angaben eines PiS-Sprechers will die Parteiführung nun in der kommenden Woche zusammenkommen, „um über die Zukunft der Regierung zu beraten“. PiS-Vertreter Marek Sushi sagte nach der Abstimmung im Fernsehsender TVN24: „Unsere Koalitionspartner haben die Koalition beendet.“ De facto habe Polen jetzt eine Minderheitsregierung. „Unsere früheren Partner sollten ihre Schreibtische räumen.“ 

Ohne die 37 Abgeordneten ihrer beiden Juniorpartner hätte die PiS nicht mehr die Mehrheit im Parlament, sondern nur noch 197 von 460 Mandaten. Die nächsten regulären Wahlen in Polen stehen erst 2023 an. 

Trotz des Streits in der Regierung wurde das Tierschutzgesetz letztlich mit Unterstützung der liberalen Opposition angenommen. Es verbietet unter unter anderem die Zucht von Tieren für die Nutzung ihres Pelzes sowie den Export von koscherem und Halal-Fleisch. 

Polen ist nach Angaben von Aktivisten derzeit der drittgrößte Pelzproduzent der Welt und einer der Hauptexporteure von koscherem Fleisch nach Israel und jüdische Gemeinden in Europa. Die geplanten Gesetzesänderungen könnten die Wirtschaft des Landes nach Angaben von Experten rund 1,6 Milliarden Euro kosten. Bevor das neue Gesetz in Kraft tritt, muss es noch vom Senat bestätigt werden.

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