Berlin bietet im EU-Haushaltsstreit Erhöhung um rund neun Milliarden Euro an

Symbolbild: Haushaltsplanung
Symbolbild: Haushaltsplanung

Im Streit um den nächsten EU-Mehrjahreshaushalt hat die deutsche Ratspräsidentschaft dem Europaparlament eine Erhöhung um rund neun Milliarden Euro angeboten. In einem Brief des deutschen EU-Botschafters Michael Clauß vom Mittwoch heißt es nach AFP-Informationen, er könne sich „am Ende“ eine Aufstockung für die Finanzperiode von 2021 bis 2027 um einen oberen einstelligen Milliardenbetrag vorstellen. Die konkrete Entscheidung dazu würde demnach aber nicht jetzt getroffen, sondern erst in einigen Jahren.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich im Juli nach tagelangen Verhandlungen auf ein 1074 Milliarden Euro schweres Sieben-Jahres-Budget verständigt. Das Parlament, das dem Haushalt zustimmen muss, fordert ein deutlich höheres Volumen. Anfangs beliefen sich die Forderungen der Abgeordneten auf insgesamt rund 113 Milliarden Euro mehr. Nach mehreren Wochen Verhandlungen sind es nun dem Vernehmen nach noch knapp 39 Milliarden.

Insbesondere die Niederlande, Dänemark, Schweden, Österreich und Finnland schließen aber kategorisch jede weitere Erhöhung des Gesamtvolumens aus. Der deutsche EU-Botschafter Clauß, der die Verhandlungen für die Mitgliedstaaten führt, will deshalb die Entscheidung nun offensichtlich auf später verschieben.

„Es scheint mir, dass das Ende der ersten Hälfte der nächsten Finanzperiode ein guter Moment ist, um die Mittel für bestimmte Programme zu stärken“, schrieb er an die Verhandlungsführer des Parlaments. „Am Ende könnte möglicherweise eine Erhöhung für die gesamte Finanzperiode um eine obere einstellige Zahl (in Mrd. Euro) machbar sein.“

Eine konkrete Zahl nannte Clauß nicht. In Verhandlungskreisen wurde aber nach AFP-Informationen aber davon ausgegangen, dass das Angebot bei rund neun Milliarden Euro liegt.

Clauß verwies in dem Schreiben darauf, dass mit den Jahren 2023/24 auch der 750 Milliarden Euro schwere Hilfsfonds gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ausläuft. Er äußerte sich aber nicht ausdrücklich dazu, ob er an die Möglichkeit denkt, möglicherweise übrig gebliebene Gelder aus dem Sondertopf zur Pandemie in den normalen Haushalt zu überführen.

Mitgliedstaaten und Parlament verhandeln mittlerweile seit sechs Wochen über den Haushalt. Clauß verwies in seinem Schreiben erneut darauf, dass die Zeit drängt, damit der Haushalt und der Corona-Hilfsfonds Anfang 2021 einsatzbereit sind. „In Zeiten einer globalen Pandemie können wir keine Zeit mehr verlieren, um unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften zu unterstützen“, schrieb der Diplomat.

Gleichzeitig bekräftigte Clauß die Position der Mitgliedstaaten bei einem weiteren Streitpunkt, der Streichung oder Kürzung von EU-Geldern bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Das Europaparlament kritisiert hier, dass die Mitgliedstaaten die Pläne der EU-Kommission für eine finanzielle Bestrafung von Ländern, in denen dies der Fall ist, deutlich entschärft haben.

Tatsächlich wären die Hürden für Mittelkürzungen im Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft höher. Auch sollen nicht mehr „generelle Missstände“ bei der Rechtsstaatlichkeit sanktioniert werden, sondern nur konkrete Problemfälle zu Lasten des EU-Haushalts.

Die nächste Verhandlungsrunde zur Frage der Erhöhung des EU-Haushalts findet am Donnerstag statt. Am Montag soll es dann um die Rechtsstaatlichkeit gehen.

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