Gesundheitsexperten fordern mit Nachdruck eine Steuer auf zuckergesüßte Erfrischungsgetränke. „Wenn wir die gesundheitlich bedenklich hohen Zuckerzusätze senken wollen, kommen wir mit Appellen nicht mehr weiter“, erklärten am Dienstag der AOK-Bundesverband, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sowie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) beim Zuckerreduktionsgipfel in Berlin. „Jetzt braucht es weitere verbindliche Instrumente“, forderte AOK-Chef Martin Litsch. „Eine Herstellerabgabe würde das leisten.“ Die Experten fordern zudem ein gesetzlich verankertes Werbeverbot für überzuckerte Kinderlebensmittel.
Kinder und Jugendliche trinken im Durchschnitt bis zu einem halben Liter zuckergesüßte Erfrischungsgetränke pro Tag, erklärte BVKJ-Vizepräsidentin Sigrid Peter. Im Europavergleich liege Deutschland damit auf dem dritten Platz. Das sei erschreckend. Die Einnahmen aus einer Steuer könnten zweckgebunden beispielsweise in den Schulsport oder in eine gesunde Gemeinschaftsverpflegung in Kitas und Schulen investiert werden, schlug Peter vor.
DDG-Präsidentin Monika Kellerer kritisierte die Bundesregierung, die bislang über freiwillige Vereinbarungen mit der Lebensmittelindustrie den Gehalt an Zucker, Fetten und Salz in vielen Fertiggerichten bis 2025 erreichen will. Die freiwilligen Verpflichtungen seien „leider unzureichend, um eine messbare und zielführende Zuckerreduktion zu erreichen“.
Großbritannien zum Beispiel habe „eindrucksvoll“ bewiesen, welche Erfolge gerade bei Softdrinks mit steuerlichen Anreizen erreicht werden könnten. Dort war 2018 eine Steuer auf Getränke mit einem Zuckergehalt ab fünf Gramm pro 100 Milliliter erhoben worden. In den vergangenen zwei Jahren passten viele Hersteller die Rezepturen an, sodass der durchschnittliche Zuckergehalt in Erfrischungsgetränken den Angaben zufolge um etwa 34 Prozent auf 2,9 Gramm pro 100 Milliliter zurückging. In Deutschland dagegen sei der Zuckergehalt bei regulären Limonaden durchschnittlich um 0,16 Gramm von 9,08 Gramm Zucker pro 100 Milliliter auf 8,92 Gramm gesenkt worden.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) zum Handeln auf. „Solange Frau Klöckner sich weigert, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, nimmt sie Todesfälle durch zu viel Zucker, Fett und Salz in unseren Lebensmitteln in Kauf.“ Fast jeder fünfte Todesfall in Deutschland könne auf ungesunde Ernährung zurückgeführt werden.