Ein Unfall auf dem üblichen Weg von der Arbeit nach Hause steht nicht immer unter dem gesetzlichen Unfallschutz. Vielmehr muss auch klar sein, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich nach Hause fahren wollte, wie am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied. (Az: B 2 U 9/19 R)
Im Streitfall hatte ein Chemiearbeiter in Sachsen bei laufender Maschine seinen Arbeitsplatz verlassen. Mit Kollegen sprach er darüber nicht, und auch bei der Arbeitszeiterfassung meldete er sich nicht ab. Anders als vor seiner Heimfahrt üblich hatte er auch nicht seine Frau angerufen. Er stieg in sein Auto und begab sich auf den üblichen und direkten Heimweg. Kurz vor der Abzweigung zu seinem Wohnort geriet sein Auto auf die Gegenfahrbahn. Er stieß mit einem entgegenkommenden Laster zusammen und starb.
Seine Witwe forderte Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Witwenrente für sich selbst und Waisenrente für das damals einjährige gemeinsame Kind. Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie lehnte dies jedoch ab.
Dagegen klagte die Witwe und wies dabei auch die Mutmaßung eines Suizides zurück. Die Beziehung sei liebevoll gewesen und finanzielle Probleme habe es nicht gegeben.
Doch das BSG wies die Klage nun ab. Für den gesetzlichen Unfallschutz reiche es nicht aus, wenn ein Unfall auf dem üblichen Heimweg passiert. Vielmehr müsse auch eine versicherte „Handlungstendenz“ vorliegen, sprich: es müsse klar sein, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nach Hause oder einen anderen versicherten Weg zurücklegen wollte.
Dies sei hier nicht feststellbar. Nach einem normalen Feierabend sei zwar von einer Heimfahrt auszugehen. Für den hier völlig untypischen Ablauf gelte dies aber nicht. Daher müsse die Witwe eine versicherte „Handlungstendenz“ nachweisen. Warum der Mann seinen Arbeitsplatz verlassen hat, sei aber völlig unklar geblieben.