Roland Wöller gibt sich gern als starker Mann in der sächsischen Landesregierung. Doch nach der aus dem Ruder gelaufenen Querdenker-Demonstration in Leipzig und Kritik an der Einsatzplanung der Polizei steht der CDU-Innenminister unter Druck. Auch in der Vergangenheit stand der 50-Jährige nicht immer gut da – etwa bei den Ausschreitungen in Chemnitz oder bei der Fahrradaffäre der Leipziger Polizei.
Bereits seit 2007 gehört der gebürtige Duisburger der Landesregierung in Sachsen an. Den Bankkaufmann zog es Anfang der 90er Jahre beruflich in den Freistaat, wo er zunächst sein Studium als Diplomvolkswirt abschloss. Nebenher engagierte er sich bereits politisch, unter anderem als Landesvorsitzender der Jungen Union, bevor er im September 1999 erstmals in den sächsischen Landtag gewählt wurde. Fünf Jahre später wurde sein Mandat bestätigt.
Mit seiner Ernennung zum Umwelt- und Landwirtschaftsminister im Zuge einer Kabinettsumbildung des damaligen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) gelang dem damals 37-jährigen Wöller 2007 ein großer politischer Karrieresprung. Unter Milbradts Nachfolger Stanislaw Tillich (CDU) wechselte Wöller nur sieben Monate später ins Kultusministerium. Dass Sachsen in Bildungsstudien wie Pisa auf den Spitzenplätzen landete, verschaffte Wöller eine komfortable Basis.
Das konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der Freistaat zunehmend unter Lehrermangel litt. Wegen eines Koalitionsstreits um die Finanzierung zusätzlicher Lehrerstellen erklärte Wöller im März 2012 seinen Rücktritt als Kultusminister und blieb mehr als fünf Jahre einfacher Abgeordneter im Landtag. Ende 2017 erhielt seine politische Karriere einen neuen Schub, als er vom frisch gewählten Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) als Innenminister ins neue Kabinett geholt wurde.
In diesem Kernressort versuchte der Vater einer Tochter, klare Kante zu zeigen. Im unionsinternen Streit um die Flüchtlingspolitik stellte er sich im Sommer 2018 hinter Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und dessen Plan, bereits in anderen EU-Ländern registrierte Asylsuchende an deutschen Grenzen zurückzuweisen – und damit gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Als im August 2018 in Dresden ein Pegida-naher LKA-Mann Journalisten bepöbelte, die dann anschließend von der Polizei festgehalten wurden, pochte Wöller bei seinen Bediensteten auf ein jederzeit „korrektes Auftreten“. Als es kurz darauf in Chemnitz nach der Tötung eines 35-Jährigen zu Ausschreitungen und einer Großmobilisierung von Rechtsextremen kam, geriet die Polizei wegen des Vorwurfs mangelnder Einsatzplanung in die Kritik. Die Linkspartei forderte Wöllers Rücktritt. Es wurde unruhiger um den Minister.
Mit dem Rechtsextremismus und den zunehmenden Gewalttaten von Linksextremisten vor allem in Leipzig hat Wöller zwei weitere große Baustellen, auf die er mit der Einrichtung von Sonderkommissionen reagierte. Im Griff haben die Sicherheitsbehörden die Szenen nicht.
Zuletzt geriet der Innenminister in dem als Fahrradgate bezeichneten Skandal bei der Leipziger Polizei wegen seiner Informationspolitik in die Kritik. Eine Leipziger Polizistin soll eine Vielzahl an Fahrrädern aus dem Asservatenbestand der Polizei verkauft haben, unter anderem an Polizisten.
Auch der Personalwechsel an der Spitze des Landesverfassungsschutzes, der nach Wöllers Auffassung rechtswidrig Daten über AfD-Abgeordnete sammelte, sowie die tödliche Messerattacke eines als Gefährder eingestuften Syrers auf einen Touristen in Dresden im Oktober setzten Wöller unter Druck.
Nach den Ausschreitungen bei der Querdenker-Demo am Wochenende in Leipzig hagelte es Kritik an der Einsatzführung der Polizei. Die Linke warf Wöller „andauerndes Führungsversagen“ vor und forderte einmal mehr dessen Entlassung. Wöller indes gab sich gelassen und wies den Vorwurf des Polizeiversagens als „unsachlich und völlig abwegig“ zurück.