Empörung nach Polizeieinsatz gegen Flüchtlinge in Paris

Symbolbild: Französische Polizei - Bild: Mademoiselle N / shutterstock.com
Symbolbild: Französische Polizei - Bild: Mademoiselle N / shutterstock.com

Die gewaltsame Räumung eines Pariser Flüchtlingslagers durch die Polizei stößt in Frankreich auf Empörung: Innenminister Gérald Darmanin nannte bestimmte Bilder des Einsatzes „schockierend“ und ordnete am Dienstag eine interne Untersuchung der Generalinspektion der Nationalpolizei (IGPN) an. Filmaufnahmen zeigen, wie Polizisten Flüchtlinge zum Teil gewaltsam aus Zelten holen und mit Schlagstöcken traktieren. Auch Tränengas kam zum Einsatz.

Die Polizei hatte das kurzfristig entstandene Zeltlager auf dem Platz der Republik im Pariser Zentrum am Montagabend geräumt. Hunderte Flüchtlinge hatten dort zusammen mit Hilfsorganisationen rund 500 blaue Wurfzelte aufgestellt, auch Vertreter der Pariser Stadtverwaltung und zahlreiche Journalisten begleiteten die Aktion.

„Wir wollen zeigen, dass wir nirgendwo hin gehen können“, sagte ein 20-jähriger Afghane. „Wir wollen nicht wie Tiere leben, wir wollen nur Asyl beantragen.“ Hilfsorganisationen kritisieren, dass hunderte Menschen seit der Räumung eines Lagers mit rund 3000 Insassen am Pariser Stadtrand vor einer Woche ohne Unterkunft sind und mitten im Corona-Lockdown durch die Hauptstadt irren.

Nach nur einer Stunde begann die Polizei mit der Räumung des Lagers. Filmaufnahmen und Fotos von Flüchtlingshelfern und Journalisten zeigen, wie Polizisten die Zelte zum Teil noch mit den Flüchtlingen im Innern wegtragen und sie unsanft hinausschütteln. Aktivisten rufen „haut ab, haut ab“ in Richtung der Polizei, es kommt ungeachtet der strengen Corona-Auflagen zum Gedränge und zum Einsatz von Tränengas gegen die Menge.

Auf anderen Bildern in Online-Netzwerken ist zu sehen, wie Polizisten Flüchtlinge aus der Umgebung des Platzes der Republik verjagen. Ein Beamter stellt einem Mann ein Bein, woraufhin dieser zu Boden stürzt. Ein Journalist des Online-Portals Brut betonte, er sei „mehrfach von einem Polizisten belästigt worden“.

Die Pariser Polizeipräfektur erklärte zu der Räumung gemeinsam mit der Präfektur der Hauptstadtregion Ile-de-France, es habe sich um ein „unerlaubtes Lager“ gehandelt. Die Polizei sei eingeschritten, um die „illegale Besetzung des öffentlichen Raums“ zu beenden. Die Präfekturen warfen Flüchtlings-Organisationen vor, die Aufstellung der Zelte gezielt „organisiert“ zu haben.

Die Aktion kam am Vorabend der Abstimmung über ein Gesetz für „umfassende Sicherheit“ in der französischen Nationalversammlung. Gegen Artikel 24 gibt es massive Kritik von Journalisten: Damit will Innenminister Darmanin Foto- oder Filmaufnahmen von Polizisten unter Strafe stellen, durch die die „körperliche oder psychische Unversehrtheit“ einzelner Beamter gefährdet wird. Bei Verstößen drohen ein Jahr Haft und eine Geldstrafe von 45.000 Euro. 

Vor allem linksgerichtete Oppositionsparteien wie La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich) fordern von Präsident Emmanuel Macron den Rückzug des Gesetzes. Mehr als 30 Prominente hatten es in einem offenen Brief an Macron als „Angriff auf die Freiheitsrechte“ gebrandmarkt. Auch international stößt der Entwurf auf Kritik: Nach der UNO ermahnte zu Wochenbeginn auch die EU-Kommission die französische Regierung, die Pressefreiheit zu achten. 

Besonders seit den Protesten der „Gelbwesten“-Bewegung vor zwei Jahren haben Frankreichs Medien und Aktivisten zahlreiche Aufnahmen von Polizeieinsätzen veröffentlicht, die Gewalt gegen Demonstranten zeigen. Nach massiven Ausschreitungen der „Gelbwesten“ in Paris musste der frühere Polizeipräfekt Michel Delpuech im März 2019 gehen, nun steht sein Nachfolger Didier Lallement in der Kritik.

Einer der Stellvertreter der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, der Kommunist Ian Brossat, warf dem Staat nach der Räumung ein „jämmerliches Spektakel“ vor und eine polizeiliche Antwort auf einen sozialen Notstand. Die Rechtspopulisten von Marine Le Pen erklärten dagegen, die Flüchtlinge und ihre Helfer hätten sich gezielt als „Opfer“ inszeniert, um dem Streit über das Sicherheitsgesetz neue Nahrung zu geben.

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