Herzspezialisten befürchten angesichts der hohen Zahl an Coronavirus-Infektionen, dass Patienten mit Herznotfällen ähnlich wie im Frühjahr Kliniken meiden könnten. „Die aktuelle Coronawelle darf nicht erneut dazu führen, dass Menschen bei Verdacht auf Herzinfarkt oder bei anderen notfallartigen Symptomen aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus oder wegen befürchteter Kapazitätsengpässe in den Kliniken den lebenswichtigen Notruf 112 oder den Weg in die Notfallambulanz scheuen“, erklärte Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, am Donnerstag in Frankfurt am Main.
Dem neuen Herzbericht zufolge sterben bundesweit rund 124.000 Menschen an koronarer Herzerkrankung, davon mehr als 46.200 am Herzinfarkt. Etwa 30 Prozent der Herzinfarktpatienten sterben außerhalb der Klinik, auch weil sie zu spät oder gar nicht den Notarzt riefen.
Die Herzstiftung nannte es „alarmierend“, dass aufgrund des ersten Lockdowns mit 31 Prozent fast ein Drittel weniger akute Herzinfarkte als im Vorjahreszeitraum in stationäre Behandlung kamen. Werden andere Herzkrankheiten noch dazugerechnet, gab es demnach sogar 42 Prozent weniger stationäre Behandlungen.
Dies könne zu lebensbedrohlichen Komplikationen bis hin zum Tod führen. „Die Gefahr für dieses fatale Verzögerungsverhalten auch bei jüngeren Notfallpatienten dürfte angesichts der zweiten Coronawelle wieder deutlich wachsen“, warnte Voigtländer.
Dem Herzbericht zufolge sind Herzerkrankungen weiterhin die häufigste Todesursache in Deutschland. Die Sterblichkeit durch Herzkrankheiten insgesamt stieg im Vergleich zu den Vorjahren wieder leicht. Einen Anstieg gab es im Jahr 2018 bei Herzklappenerkrankungen auf 19.757 Sterbefälle und bei Herzrhythmusstörungen mit 30.208 Gestorbenen. Leichte Rückgänge gab es indes bei Todesfällen durch Herzinfarkt und Herzschwäche.
Nach wie vor gibt es deutliche regionale Unterschiede. Während die niedrigste Sterbeziffern beim Herzinfarkt Schleswig-Holstein mit 28,5 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner, Nordrhein-Westfalen mit 39 und Hamburg mit 44,2 haben, ist die Sterblichkeit am höchsten in Brandenburg mit 72,2, Sachsen-Anhalt mit 69,3, Mecklenburg-Vorpommern mit 67,7 und Thüringen mit 64,4.
Die Sterblichkeitsrate für Herzinfarkt konnte demnach zwischen 2016 und 2018 in allen Bundesländern – mit Ausnahme von Berlin und Thüringen – spürbar gesenkt werden. Neben demografischen Aspekten könnten Verbesserungen in der medizinischen Versorgung, aber auch eine verbesserte Prävention dazu beigetragen haben.