Leitindex wird auf 40 Unternehmen erweitert – Strengere Regeln sollen Qualität erhöhen

Frankfurter Börse
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Der Deutsche Aktienindex (Dax) wird mehr als drei Jahrzehnte nach seinem Start umfassend reformiert. Ab September 2021 wird er 40 statt wie bislang 30 Unternehmen umfassen, und bereits ab Dezember dieses Jahres sollen strengere Regeln für mehr Qualität sorgen. Die Deutsche Börse reagiert damit auch auf den Wirecard-Bilanzskandal. Der Vorschlag, Unternehmen mit Beteiligung an umstrittenen Waffen auszuschließen, fand keine Mehrheit. 

Die Deutsche Börse hatte Vertreter der Finanzindustrie und von Unternehmen, Verbänden und anderen Interessengruppen sowie Privatleute befragt. Sie wertete mehr als 600 Rückmeldungen aus, wie sie am Dienstag mitteilte. Die umfassenden Änderungen im Regelwerk wurden nun beschlossen, „um die Qualität der Dax-Indizes zu erhöhen und diese an internationale Standards anzugleichen“. Der Dax war im Juli 1988 in seiner jetzigen Form gestartet.

Mit der Erweiterung um zehn Werte auf insgesamt 40 Werte werde der Dax die größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland „noch umfassender abbilden“, teilte die Deutsche Börse mit. Sie schließt damit auch zu Handelsplätzen wie Paris mit dem CAC 40 oder London auf, wo der Leitindex FTSE sogar 100 Werte umfasst. 

In Frankfurt am Main wird mit Erweiterung des Dax der M-Dax der mittelgroßen Werte von 60 auf 50 Unternehmen verkleinert. Der S-Dax der Kleinwerte und der Tech-Dax bleiben unverändert. Das Deutsche Aktieninstitut (DAI), Vertreterin von über 85 Prozent der Marktkapitalisierung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften, kommentierte, die Debatte um die Erweiterung des Dax und der daraus folgende Bedeutungsverlust des MDax zeige ein grundsätzliches Problem: „Die Zahl der börsennotierten Unternehmen in Deutschland ist insgesamt zu gering.“

Nötig seien bessere Rahmenbedingungen, damit mehr Unternehmen an die Börse gehen, erklärte das DAI. Die Politik müsse den Börsengang zur Finanzierung von Wachstum, Innovationen und Beschäftigung attraktiver machen.

Die Anforderungen an Dax-Kandidaten steigen ab Dezember. Sie müssen künftig vor Aufnahme in das Börsenbarometer in ihren letzten beiden Finanzberichten einen Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstigen Finanzierungsaufwendungen nachweisen. Ab März 2021 müssen die Unternehmen im Dax verpflichtend Jahres- und Quartalsberichte veröffentlichen – ein Verstoß dagegen führt zum Ausschluss. 

Im Aufsichtsrat muss es dann einen Prüfungsausschuss mit Mitgliedern geben, die sich mit Themen rund um den Jahresabschluss und mit internen Kontrollen auskennen. Unternehmen, die schon im Dax sind, müssen diese Regeln spätestens ab September 2022 umgesetzt haben. 

Schließlich wird die Deutsche Börse die Zusammensetzung der Indizes ab 2021 zweimal im Jahr überprüfen – bislang machte sie dies nur einmal im Jahr im September. Ab Herbst 2021 wird dabei zur Vereinfachung nur noch die Marktkapitalisierung herangezogen, also der Börsenwert. Der Börsenumsatz wird nicht mehr berücksichtigt, allerdings müssen die Unternehmen eine Mindestliquidität haben. 

Das Ansehen des Dax hatte mit der Wirecard-Pleite im Sommer einen tiefen Knacks bekommen. Der Zahlungsdienstleister, im September 2018 feierlich in den Dax aufgenommen, musste Ende Juni Insolvenz anmelden. Wirecard soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.

Die Reform soll den Dax auch vielfältiger machen – das deutsche Börsenbarometer ist dominiert von der Auto- und Chemieindustrie, Digitalkonzerne wie Facebook, Amazon oder Netflix fehlen ganz. Mit der Erweiterung kommendes Jahr dürften unter anderen der Online-Modehändler Zalando und der Düftehersteller Symrise einziehen. 

Der Vorschlag zum Ausschluss von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als zehn Prozent an umstrittenen Waffen wird nicht umgesetzt – unter anderem, weil „von vielen Seiten“ die grundsätzliche Frage aufgeworfen worden sei, ob diese Kriterien bei der Auswahl der Dax-Mitglieder eine Rolle spielen sollten, wie die Börse mitteilte. 

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte, damit habe die Deutsche Börse „die große Chance verpasst, den Zugang zum Dax an ethische Kriterien zu knüpfen“. Der Linken-Finanzexperte Fabio De Masi monierte außerdem, die zunehmende Orientierung von Vorständen an Renditezielen von Aktionären sei nicht im Interesse des langfristigen Unternehmenserfolgs und der Beschäftigten. 

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