Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will weiterhin noch in diesem Jahr die zugesagten EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien beginnen. „Ich hoffe, dass wir die Beitrittskonferenz noch in unserer Ratspräsidentschaft machen können“, sagte Merkel am Dienstag bei einem Video-Gipfel zur Zusammenarbeit und Integration auf dem westlichen Balkan. Die Führungspersönlichkeiten der Staaten der Region forderte sie auf, sich zu „vertragen“. Merkel betonte: „Das ist ganz wichtig.“
Die EU-Staaten hatten Anfang des Jahres nach jahrelangen Verzögerungen endgültig grünes Licht für Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien gegeben. Ein Rahmenabkommen für den konkreten Beginn und Ablauf der Gespräche hing aber zuletzt in der Schwebe, weil das EU-Mitglied Bulgarien dem Kandidaten Nordmazedonien vorwarf, bei historischen Streitigkeiten nicht einzulenken.
Im Detail geht es darum, dass Nordmazedonien von der Existenz einer nordmazedonischen Minderheit in Bulgarien ausgeht. Die Regierung in Sofia und insbesondere die kleine nationalistische VMRO-Partei, Juniorpartner von Regierungschef Boiko Borissow, bestreiten das.
Die bulgarischen Nationalisten betrachten die gesamte slawischsprachige Bevölkerung Nordmazedoniens als ethnische Bulgaren. In diesem Kontext fordert Sofia unter anderem auch ein Änderung der Bezeichnung der nordmazedonischen Landessprache: Da es sich um einen bulgarischen Dialekt handle, müsse sie „offizielle Sprache der Republik Nordmazedonien“ genannt werden.
Deutschland, das noch bis Ende des Jahres den Vorsitz im Rat der EU-Mitgliedstaaten innehat, hat sich zum Ziel gesetzt, in dieser Zeit die beschlossenen EU-Beitrittsgespräche zu starten. Insbesondere Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte deshalb in den vergangenen Wochen versucht, zwischen Sofia und Skopje zu vermitteln – bislang aber ohne Erfolg.
Fristende für die Streitbeilegung war ursprünglich ein Treffen der EU-Europaminister am Dienstag, bei dem das Rahmenabkommen für die Beitrittsgespräche beschlossen werden sollte. Das Treffen war kurzfristig um eine Woche verschoben worden.
Der Video-Gipfel, bei dem Merkel sprach, ist Teil des sogenannten Berliner Prozesses und wurde ausgerechnet von Bulgarien und Nordmazedonien gemeinsam ausgerichtet. In ihren jeweiligen Ansprachen gingen die Regierungschefs Borissow und Zoran Zaev aus Nordmazedonien nicht auf den Geschichtsstreit ein.
Der Berliner Prozess habe auch mit „Aussöhnung“ und „Überwindung geschichtlicher Spannungen“ zu tun, unterstrich Kanzlerin Merkel, die das Berliner Format 2014 aus der Taufe gehoben hatte. Sie hoffe, dass dieser Prozess weiter fortgesetzt werde.