Logistik, Kühlung und Aufbau von Impfzentren: Die geplante Impfaktion gegen das Coronavirus stellt Bund und Länder vor enorme Herausforderungen. Sobald ein Impfstoff in Europa zugelassen ist, soll es losgehen – laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im günstigsten Fall noch im Dezember. Ein Überblick:
ORGANISATION
Die Bundesregierung ist für die Beschaffung des Impfstoffs und die Auslieferung an die Bundesländer verantwortlich. Die Impfstoffe werden deutschlandweit an rund 60 Standorte verteilt, je nach Bevölkerungsanteil. Für die weitere Lagerung und Logistik vor Ort sind dann die Länder zuständig. In deren Hand liegt neben der Impforganisation auch die Beschaffung von Spritzen, Kanülen, Desinfektionsmitteln oder Tupfern. Bis Ende November sollen die Länder dem Bund melden, mit wie vielen Impfungen pro Tag sie jeweils planen.
TRANSPORT
Weltweit rüsten sich große Logistikunternehmen für den Transport von Milliarden Impfstoffdosen. Die Deutsche-Post-Tochter DHL beispielsweise schätzte in einer Studie, dass für die Verteilung von zehn Milliarden Einzeldosen insgesamt 200.000 Paletten-Transporte, 15 Millionen Lieferungen in Kühlboxen und 15.000 Flüge notwendig sind. Das Logistikunternehmen Kühne + Nagel verfügt seinerseits über eine Flotte sogenannter Pharmatrailer mit spezieller Kühlung sowie ein Netz von Standorten für den Transport temperaturempfindlicher Produkte. Für Lagerungen von unter minus 60 Grad Celsius kann bei Bedarf Trockeneis verwendet werden.
Auch in den Bundesländern wird mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die Impflogistik so reibungslos wie möglich läuft. Ein Knackpunkt ist vor allem die Kühlung, weshalb einige Länder Ultratiefkühltruhen und Kühlcontainer beschaffen wollen.
LAGERUNG
Einige der Impfstoffe sind besonders anspruchsvoll, was die Kühlung betrifft. Der Impfstoff des Mainzer Impfstoffentwicklers Biontech und seines US-Partners Pfizer muss bei minus 70 Grad gelagert werden. Dafür wurden eigens Boxen entwickelt, die mit Trockeneis befüllt den Impfstoff bis zu 15 Tage lagern können. Aufgetaut kann er dann bis zu fünf Tage bei Kühlschranktemperatur zwischen zwei und acht Grad aufbewahrt werden.
Der vom US-Biotechnologieunternehmen Moderna entwickelte Impfstoff kann bei minus 20 Grad gelagert werden. Für andere Impfstoffe, etwa den vom Dessauer Impfstoffhersteller IDT Biologika entwickelten Vektorimpfstoff, ist wie bei der Grippeimpfung ein Kühlschrank ausreichend. Der ebenfalls vielversprechende Impfstoff des Tübinger Pharmaunternehmens Curevac soll bei fünf Grad mindestens drei Monate lang stabil bleiben.
IMPFZENTREN
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Impfzentren bis zum 15. Dezember einsatzbereit seien. Dort wird später mit Unterstützung niedergelassener Ärzte oder Trägern wie dem Roten Kreuz geimpft. Es wird aber auch mobile Teams geben, etwa für Alten- und Pflegeheime. Die Länder können selbst entscheiden, wie viele Impfzentren sie einrichten. Zahlreiche Länder planen mindestens ein Impfzentrum in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt. Das bevölkerungsreichste Land Nordrhein-Westfalen etwa will mindestens 53 Impfzentren einrichten, in Bayern wären es mindestens 96.
In Berlin sollen sechs Impfzentren unter anderem in einer Messehalle, in den ehemaligen Flughäfen Tegel und Tempelhof und in einem Eisstadion eingerichtet werden. Impfstoffe, die keine tiefe Kühlung benötigen, können laut Spahn auch in normalen Arztpraxen genutzt werden. Impfzentren haben aber den Vorteil einer zentralen Dokumentation.
SICHERHEIT
Impfstofflager müssen auch gesichert werden. „Natürlich wird der Impfstoff hoch begehrt sein – und deshalb muss man sich auch darauf vorbereiten, dass es Angriffe, Diebstahlversuche und Sabotage an den Lagerorten gibt“, sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) in einem Zeitungsinterview. Die Polizei stehe bereit.
Auch Niedersachsens Impfstrategie sieht über den Sicherheitsdienst und den Objektschutz hinaus wenn nötig eine „zeitweise Präsenz der Polizei“ an den Impfzentren vor. „Der Impfstoff muss bewacht werden“, betonte auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) im Rundfunk Berlin-Brandenburg.