Angesichts der Haushaltsblockade durch Polen und Ungarn hat die EU-Kommission vor massiven Einschnitten bei europäischen Geldern im kommenden Jahr gewarnt. Wenn der EU-Budgetrahmen und der Corona-Hilfsfonds nicht verabschiedet würden, drohten gegenüber den bisherigen Planungen „bedeutende Kürzungen“, sagte ein Sprecher am Dienstag in Brüssel. Dann müsse die EU das Jahr mit einem Nothaushalt beginnen. Dies war zuletzt vor 32 Jahren der Fall.
Ungarn und Polen hatten vergangene Woche ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket aus dem EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds verweigert. Grund sind Pläne, EU-Gelder bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze künftig zu kürzen.
Insbesondere Länder im Süden Europas fürchten nun, dass sich die ab Jahresbeginn geplante Auszahlung ihrer dringend benötigten Corona-Hilfen verzögern wird. Zudem kann der reguläre Haushalt für das Jahr 2021 nicht verabschiedet werden, wenn es bis zum 7. Dezember keine Einigung zum Finanzrahmen gibt.
Dann würde ab dem 1. Januar ein Nothaushalt in Kraft treten. Bestimmte Programme wie Agrarhilfen würden dabei weiterlaufen, andere aber nicht. Bei den wichtigen Regionalhilfen, Forschungsförderung oder der Finanzierung des Studentenaustauschprogramms Erasmus gäbe es kein frisches Geld mehr. Nur schon zugewiesene Mittel aus dem alten Haushalt würden noch ausgezahlt.
Der Kommissionssprecher wollte sich nicht zu Angaben der „Financial Times“ äußern, dass dann 2021 die Ausgaben 25 bis 30 Milliarden Euro geringer ausfallen würden als geplant. „Die genauen Zahlen hängen von der Lage zu Beginn des kommenden Jahres ab“, sagte er.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen, er sei „unverändert zuversichtlich“, dass es „bald“ eine Verständigung mit Ungarn und Polen geben werde. „Ich bin sicher, dass niemand so unklug sein wird zu verhindern, dass es jetzt zu Entscheidungen kommt.“
In Brüssel wurde eine Einigung vor dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 10. und 11. Dezember aber für unwahrscheinlich gehalten. „Der Haushaltsstreit wird den Gipfel dominieren“, sagte ein EU-Diplomat voraus.