Helga Schmid: Krisenerprobte Karrierediplomatin mit Fingerspitzengefühl

Helga Schmid - Bild: EU2017EE Estonian Presidency, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Helga Schmid - Bild: EU2017EE Estonian Presidency, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Eine deutsche Top-Diplomatin soll die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aus der Krise führen: Die 59-jährige Helga Schmid wurde am Freitag zur OSZE-Chefin ernannt. Die bisherige Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Diensts (EAD) gehört zu den profiliertesten deutschen Diplomatinnen; in der EU wird sie unter anderem wegen ihrer maßgeblichen Rolle bei der Aushandlung des Atomabkommens mit dem Iran geschätzt. 

Frauen seien die besseren Verhandler, soll Schmid einmal gesagt haben. Als OSZE-Generalsekretärin und erste Frau auf diesem Posten wird vor allem ihre Fähigkeit zum Ausgleich gefragt sein: Fortwährende Streitigkeiten zwischen den 57 Mitgliedstaaten hatten der OSZE eine Führungskrise beschert.

An der Spitze der Organisation herrschte ein Machtvakuum, nachdem im Sommer die Verlängerung des Mandats des damaligen Generalsekretärs Thomas Greminger und dreier weiterer Spitzenvertreter am Widerstand einzelner Teilnehmerstaaten gescheitert war. 

Für Schmid, die am kommenden Dienstag ihren 60. Geburtstag feiert, bedeutet die Berufung zur OSZE-Chefin den Schritt ins internationale Rampenlicht. Die höchste deutsche EU-Beamtin gilt als Kopfarbeiterin, die für Brüssel schon viele schwierige Verhandlungen geführt hat. 

Wegbegleiter bescheinigten ihr gleichermaßen Sachkenntnis und Fingerspitzengefühl; der heutige Bundespräsident und frühere SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier beschrieb sie als beharrliche und besonnene Persönlichkeit.

Untrennbar mit Schmids Namen verbunden ist für viele in Europa das internationale Atomabkommen mit dem Iran: Als damalige Vize-Generalsekretärin des EAD saß die für ihre Iran-Expertise bekannte Deutsche mit der Delegation aus Teheran am Verhandlungstisch. Nach dem Abschluss des Abkommens im Juli 2015 saß sie der gemeinsamen Kommission vor, die über die Einhaltung der Vereinbarungen wacht.

1960 in Dachau geboren, studierte Schmid von 1980 bis 1987 Romanistik, Literaturwissenschaft, Geschichte und Politik in München und Paris. 1988 trat sie in den Auswärtigen Dienst ein, drei Jahre später wurde sie Pressesprecherin der deutschen Botschaft in Washington. 

1994 wechselte Schmid als politische Referentin von Außenminister Klaus Kinkel (FDP) in die Zentrale des Auswärtigen Amtes nach Berlin. Kinkels Nachfolger Joschka Fischer (Grüne) machte sie zur Büroleiterin. 

2006 wechselte Schmid nach Brüssel – zunächst als Direktorin der Strategieplanungs- und Frühwarneinheit des damaligen EU-Außenbeauftragten Javier Solana. Nach der Gründung des EAD im Jahr 2010 berief dessen erste Chefin Catherine Ashton die Deutsche zur Stellvertretenden Generalsekretärin für Politische Fragen. Die Entstehungsphase des EAD beschrieb Schmid als „einen der aufregendsten Momente meiner Karriere“. 

Im September schickte die Bundesregierung Schmid ins Rennen um das Amt der OSZE-Generalsekretärin. Dort steht der Spitzendiplomatin die nächste große Herausforderung bevor. Schmid erwarte „eine ebenso schwierige wie wichtige Aufgabe“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nach ihrer Ernennung am Freitag. Er könne sich „keinen besseren Beitrag“ für eine handlungsfähige OSZE als Schmid als Chefin vorstellen, fügte er hinzu. „Wir werden sie nach besten Kräften unterstützen.“

Eine Vermittlung in aktuellen Krisen etwa in Belarus und im Südkaukasus ist der Sicherheitsorganisation zuletzt nicht gelungen. Ob sich das unter Schmid als Generalsekretärin ändern kann, hängt auch von der Bereitschaft der 57 OSZE-Mitgliedstaaten ab, verstärkt an einem Strang zu ziehen – vor allem in Abstimmung mit Russland und anderen Ländern des einstigen Machtbereichs der Sowjetunion. 

Die aus nordamerikanischen, europäischen und zentralasiatischen Staaten bestehende OSZE mit Sitz in Wien hat sich die Förderung von Stabilität, Frieden und Demokratie auf die Fahnen geschrieben. Entstanden ist die Organisation – damals unter dem Namen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) – Anfang der 70er Jahre als blockübergreifendes Forum für Dialog und Vertrauensbildung im Kalten Krieg. Heute entsendet die OSZE Wahlbeobachter, wacht über die Einhaltung von Menschenrechten und Pressefreiheit und engagiert sich bei der Verhütung und Überwindung von Konflikten.

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