Kundenansturm vor Lockdown stellt Politik und Handel vor Probleme

Einzelhandel
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Zwei Tage vor dem bundesweiten Lockdown ringen Einzelhandel und Politik um den richtigen Umgang mit dem befürchteten Kundenansturm auf die Geschäfte. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) appellierte an die Bürger, auf den Einkauf von Weihnachtsgeschenken ganz zu verzichten. Er empfahl stattdessen Gutscheine – und kündigte eine zügige Auszahlung der Überprüfungshilfen für den Einzelhandel an. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bezifferte die drohenden Umsatzausfälle des innerstädtischen Einzellhandels auf mehr als 22 Milliarden Euro.

Deutschland kehrt wegen des Anstiegs der Corona-Infektionszahlen und -Todesfälle am Mittwoch zu einem harten Lockdown zurück. Dies hatten Bund und Länder am Sonntag beschlossen. Die Menschen sollten bis dahin wegen der Infektionsrisiken aber „nur das Allernötigste“ einkaufen gehen, sagte Altmaier im „Bild“-Internetprogramm. 

Altmaier empfahl stattdessen Gutscheine als Weihnachtsgeschenke, die dann eingelöst werden könnten, wenn die Geschäfte allgemein wieder öffneten. Wann dies der Fall sei werde, könne aber derzeit „niemand verantwortlich voraussagen“. Der Maßstab dafür sei die Entwicklung bei der Zahl der Infektionen und Todesfälle.

Auch der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans warnte vor einen Kundenansturm im Einzelhandel am Montag und Dienstag. „Die nächsten zwei Tage werden entscheidend für die Entwicklung des gesamten Monats sein“, sagte er in der Internetsendung „Bild Live“. Es müsse vermieden werden, dass Schlangen vor den Läden entstünden.

Der Handelsverband HDE erwartet allerdings keinen Ansturm auf die Geschäfte. Bei Weihnachtsgeschenken könne es zwar am Montag und Dienstag zu „erhöhtem Kundenaufkommen“ kommen, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem „Handelsblatt“. Doch hätten viele Kunden ihre Planungen in den vergangenen Tagen sicherlich schon auf den Lockdown eingestellt. Auch hätten die Händler in den vergangenen Monaten bewiesen, dass sie funktionierende Hygienekonzepte hätten. 

Im Lebensmittelhandel rechne sein Verband nicht mit „Hamsterkäufen“, sagte Genth. Die Kunden hätten gelernt, dass die Lieferketten und die Versorgung der Bevölkerung „auch unter schwierigen Bedingungen funktioniert“.

Angesichts des drohenden Kundenansturms wurden Rufe aus der Politik nach einer vorübergehende Öffnung der Geschäfte rund um die Uhr laut. „Sinnvoll wäre, die Öffnungszeiten bis in die Nacht auszuweiten, um diesen Ansturm zu entzerren“, sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer der „Bild“-Zeitung. „Eine 48-Stunden-Öffnung bis zum Lockdown verhindert Schlangenbildung, wozu es aus infektiologischer Sicht keinesfalls kommen darf.“ Ähnliche Stimmen kamen aus der CDU.

Die ökonomischen Schäden für den innerstädtischen Handel durch den Lockdown dürfen in jedem Fall gravierend ausfallen. IW-Wettbewerbsökonom Christian Rusche bezifferte allein den Schaden für die betroffenen Geschäfte im Dezember auf 10,2 Milliarden bis 13,35 Milliarden Euro. Für Januar rechnet das IW mit einem Schaden von 5,7 Milliarden Euro bis 8,7 Milliarden Euro. Im pessimistischen Szenario addieren sich die Umsatzausfälle aus dem Dezember und dem Januar also auf 22,05 Milliarden Euro. Dies sei allerdings ein „relativ extremes Szenario“, sagte Rusche.

Wirtschaftsminister Altmaier betonte, dass die am Sonntag beschlossenen Überbrückungshilfen für den Einzelhandel „so zügig, wie es eben geht, umgesetzt werden“. Außerdem werde es „Abschlagszahlungen geben in einer Größenordnung von 50.000 Euro“. Dem Einzelhandel werde allerdings nicht bis zu 75 Prozent des Umsatzes ersetzt werden, wie dies etwa in der Gastronomie für November und Dezember gelte.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte den Bund zu stärkerer Unterstützung der Händler auf. „Anders als die Bundesregierung angekündigt hat, sollten die Regelungen der so genannten Novemberhilfe mit einer Erstattung von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahresmonat auch für jetzt betroffene Unternehmen, etwa im Einzelhandel, angewendet werden – verbunden mit der Bedingung, dass die Unternehmen das Kurzarbeitergeld aufstocken“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke der „Rheinischen Post“.

Der Einzelhandel bleibt vorerst bis zum 10. Januar weitgehend geschlossen. Ausnahmen gelten nur für Supermärkte und einige weitere Geschäfte vor allem zur Deckung des täglichen Bedarfs. Eine Verlängerung des harten Lockdown ist nicht ausgeschlossen. Voraussichtlich am 5. Januar wollen Bund und Länder darüber beraten.

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